Wer welche Verantwortung trägt

► Die Rolle des Staates

Aus dem Sozialstaatsprinzip des Grundgesetzes (Art. 20 Abs. 1 GG) leitet sich der allgemeine stationäre Sicherstellungsauftrag des Staates ab. Danach muss der Staat im Rahmen der öffentlichen Daseinsvorsorge mit geeigneten Rahmenbedingungen dafür sorgen, dass leistungsfähige Krankenhäuser vorhanden sind und wirtschaftlich betrieben werden können. Der Staat selbst hat dabei auch die „Auffangverantwortung“, das heißt: Er selbst (bzw. die Bundesländer und Kommunen) soll Krankenhäuser in eigener Trägerschaft nur dann betreiben, wenn die Angebote von Krankenhäusern anderer Träger dem Sicherstellungsauftrag nicht genügen.

Diese „subsidiäre Betriebspflicht“ hat das Bundesverfassungsgericht bereits 1983 konkretisiert: „Die Freisetzung und Einbeziehung der privaten Initiative liegt im öffentlichen Interesse; die Erfüllung öffentlicher Aufgaben durch gesellschaftliche Kräfte knüpft an die Tradition bürgerschaftlicher Teilhabe an der öffentlichen Daseinsvorsorge im örtlichen Raum an.“

Die Trägerpluralität von staatlichen, freigemeinnützigen und privaten Krankenhäusern hat Verfassungsrang und ist ein Grundprinzip unserer freiheitlichen und pluralistischen Gesellschaftsordnung. Aus den grundrechtlichen Freiheitsgarantien und dem Sozialstaatsprinzip folgt die Existenz- und Funktionsgarantie für die nicht-staatliche Krankenhausversorgung. Auch die Krankenhausgesetze des Bundes und der Länder regeln die verfassungsrechtliche Garantie der Trägervielfalt.

► Die Rolle privater Krankenhausträger

Private Klinikträger sind Teil des staatlichen Planungssystems mit gesetzlich vorgegebener Finanzierung und haben dieselben Voraussetzungen zu erfüllen und denselben Regeln zu folgen wie die Krankenhäuser der anderen Trägergruppen. Auf dieser Grundlage haben sich private Träger seit jeher an der stationären Krankenhausversorgung beteiligt. In der jungen Bundesrepublik waren private Krankenhäuser häufig Ausdruck privater Wohltätigkeitsinitiativen und standen damit in unmittelbarer Nähe zu den Krankenhäusern mit freigemeinnützigen Motiven. Ab Mitte der 1980-er Jahre erhöhte sich die Zahl der Krankenhäuser in privater Trägeschaft: 1991 waren es 359 Krankenhäuser, im Jahr 2001 bereits 527 und heute sind es 724.

Die privaten haben den anderen Trägern diese Krankenhäuser aber nicht „abgeluchst“, wie Privatisierungskritiker gerne behaupten. Vielmehr wurden alle diese Krankenhäuser von den Privaten in einer so defizitären Lage übernommen, dass die vorherigen Träger sie nicht mehr weiterführen konnten. Die Privaten haben diese Kliniken mit immensen Investionen vor dem Aus gerettet und modernisiert, sie mit Tatkraft und Unternehmergeist reorganisiert und zu leistungsfähigen und wirtschaftlich erfolgreichen Krankenhäuser gemacht –  und damit an den ursprünglich gefährdeten Standorten die Patientenversorgung gesichert.

► Marktwirtschaft und Wettbewerb

Die Gesundheitsversorgung basiert in Deutschland auf den Prinzipen der Sozialen Marktwirtschaft. In diesem System entfaltet der Wettbewerb die beste Steuerungswirkung bei der Aufgabe,  kranke Menschen bestmöglich zu versorgen obwohl nur begrenzte Ressourcen zur Verfügung stehen. Wettbewerb zwingt die Leistungserbringer im positiven Sinne zu mehr Patientenorientierung, zum Angebot von qualitativ hochwertiger medizinischer Gesundheitsversorgung, zur ständigen und innovativen Weiterentwicklung der medizinischen Versorgung, zu einem effizienten Mitteleinsatz durch wirtschaftliche Eigenverantwortung der Leistungserbringer und damit zu einer bezahlbaren Gesundheitsversorgung  sowie zu ihrer schnellstmöglichen Verfügbarkeit für alle Bevölkerungsgruppen (unabhängig von der Höhe des Einkommens des Einzelnen).

Fakt ist:

  • Der Staat kann und muss regulierend und unterstützend in die Gesundheitsversorgung eingreifen. Aus der Historie können wir aber lernen, dass der Staat als Unternehmer und Jobgarant bislang immer versagt hat.
  • Ein Staat, der gescheiterte Kliniken künstlich am Markt hält, bestraft damit gleichzeitig erfolgreiche Kliniken, die besser wirtschaften. Staatliche Lenkungen dürfen marktwirtschaftliche Dynamiken wie den Wettkampf um die Gunst der Patienten nicht ersetzen.
  • Die Bundesländer haben die gesetzliche Pflicht,  die Investitionskosten der Krankenhäuser zu tragen. Bei einem Investitionsbedarf von mehr als sechs Milliarden Euro haben die Länder 2019  gerade einmal 3,16 Milliarden Euro getragen. Statt Verstaatlichungen zu propagieren sollte der Fokus besser auf die ausreichende Finanzierung der Krankenhäuser gelegt werden.

 

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