Was Verstaatlichung bedeutet
Bei einer Verstaatlichung wird Privateigentum durch Kauf oder Enteignung in Staatseigentum übertragen. Eine Verstaatlichung von Krankenhäusern dürfte nach dem Gleichheitssatz des Grundgesetzes nicht nur für einzelne Häuser gelten, sondern für alle privatwirtschaftlich geführten. Dies sind in Deutschland (Stand 2019):
- 724 Kliniken (38 Prozent) mit 96.000 Betten (19 Prozent) in privater Trägerschaft
- 645 Kliniken (33 Prozent) mit 163.000 Betten (34 Prozent) in freigemeinnütziger/kirchlicher Trägerschaft
- von 545 Kliniken (= 28 Prozent) mit 236.000 Betten (= 48 Prozent) in kommunaler Trägerschaft haben rund 85 Prozent eine privatrechtliche Form (GmbH, AG). Auch diese 460 privatwirtschaftlich betriebenen Krankenhäuser mit rund 226.000 Betten müssten dann verstaatlicht werden (in Form eines Eigenbetriebs oder einer Körperschaft etc.).
In der Summe werden deutsche Krankenhäuser heute zu 96 Prozent in privatwirtschaftlicher Form geführt, sind also in nichtstaatlicher Hand. Wenn Verstaatlichung gefordert wird, hätte diese für alle privatwirtschaftlich geführten Häuser zu gelten.
► Enorme Kosten
Verstaatlichung könnte erfolgen durch
Kauf | Hierzu müsste der Staat (der Bund, das Bundesland, die Kommune) mit den Eigentümern über die Bedingungen und den Kaufpreis verhandeln. |
Enteignung | Dies wäre nur auf gesetzlicher Grundlage möglich, für die Sachgründe vorliegen müssten (Frage: welche?). Eine am Marktwert orientierte Entschädigung müsste gezahlt werden. |
Beide Fälle wären für den Staat (den Bund, das Bundesland, die Kommune) mit enormen finanziellen Aufwendungen verbunden. Ob diese jemals geleistet werden könnten ist zumindest zweifelhaft. Denn auch ohne diese Belastung sind die öffentlichen Kassen schon heute leer – und Bildung, Kultur, Sport und soziale Angebote der Kommunen müssten noch mehr als bisher leiden (siehe Studie des Deutschen Instituts für Urbanistik).
► Das Gegenteil von Kostenersparnis und Qualitätsverbesserung
Sinnhaftigkeit und Sachgründe einer Verstaatlichung von Krankenhäusern müssten von einer rationalen Gesundheits- und Wirtschaftspolitik mit empirischer Evidenz analysiert werden. Und danach ist die Faktenlage klar: Bessere Qualität und geringere Kosten sind durch Verstaatlichung nicht zu erwarten – eher das Gegenteil ist der Fall. Das zeigen zahlreiche Beispiele staatlicher Betriebe verschiedener Branchen und internationale Vergleiche. Im deutschen Krankenhausbereich hat das RWI – Leibniz-Institut für Wirtschaftsforschung mehrfach die Auswirkungen der Trägerschaft wissenschaftlich untersucht und kommt zu dem Ergebnis:
Effizientere Organisation, kürzere Entscheidungswege und das Fehlen politischer Einflussnahme sind die entscheidenden Quellen des Erfolgs privater Kliniken. Bei größerer Wirtschaftlichkeit wird eine gleich hohe Versorgungsqualität wie in kommunalen oder freigemeinnützigen Krankenhäusern erreicht.
► Verstaatlichung macht arm und unfrei
Mehr Staat bedeutet mehr Ausgaben und letztlich höhere Steuern und Krankenkassenbeiträge für jeden – ohne Aussicht auf eine Verbesserung der Versorgungsqualität. Wer privatwirtschaftliches Engagement in der Gesundheitsversorgung ablehnt, will im Ergebnis auch die Abschaffung von freier Arzt- und Krankenhauswahl, will die Therapie- und Niederlassungsfreiheit beseitigen und eine sozialistische Planwirtschaft einführen. Doch das wollen die Bürger:innen nicht! Eine Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Forsa zeigt: Fast allen Bürger:innen (95 Prozent) ist die freie Wahl des Krankenhauses wichtig oder sehr wichtig ist. Für die Auswahl einer Klinik entscheidend sind die Spezialisierung des Krankenhauses (95 Prozent) und die Empfehlung durch den behandelnden Arzt (92 Prozent). Das unwichtigste Entscheidungskriterium (19 Prozent) ist für die Patient:innen die Trägerschaft eines Krankenhauses .
Die schädliche Wirkung von Verstaatlichung und Wettbewerbsbeschränkungen bestätigt auch das Bundeskartellamt in seinem Abschlussbericht zur Sektoruntersuchung Krankenhäuser:
- Wettbewerb bewirkt eine flächendeckende und allgegenwärtige Qualitätskontrolle für die Krankenhäuser – wovon vor allem die Patient:innen profitieren.
- Wettbewerb gibt den Krankenhäusern den wirtschaftlichen Anreiz zu Innovation und Investition sowie zu einem effizienten Einsatz der knappen Mittel der solidarischen gesetzlichen Krankenversicherung.
- Krankenhäuser mit Qualitätsvorsprüngen ziehen mehr Patientinnen und Patienten an als andere Häuser.
Aufschlussreich ist auch hier die oben genannte Forsa-Umfage: Die Patient:innen geben den Krankenhäusern in privater Trägerschaft bei der Frage nach der Zufriedenheit die besten Noten.
Weiter zu diesem Thema:
Wer Verstaatlichung fordert
Wer welche Verantwortung trägt