Vorschläge zum Bürokratie-Abbau
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Bürokratie-Abbau in Krankenhäusern und Reha-/Vorsorgeeinrichtungen
Status quo
Durch eine in den letzten Jahren stetig wachsende Misstrauenskultur ist ein kaum noch zu beherrschendes Regelungsdickicht an Regulierungsanforderungen und Dokumentationspflichten in Krankenhäusern sowie Reha- und Vorsorgeeinrichtungen entstanden, wodurch wertvolle Ressourcen gebunden werden und Zeit für die eigentliche Tätigkeit – die Patientenversorgung – fehlt. Aktuelle Umfrageergebnisse machen die dringende Handlungsnotwendigkeit im Krankenhaus- und Reha-Bereich deutlich:
- Marburger Bund, 2022: 60 Prozent der befragten Ärzt:innen sagen, dass sie mind. 3 Stunden ihrer täglichen Arbeitszeit mit Bürokratie verbringen. Für ca. 35% der Ärzt:innen sind es vier oder mehr Stunden täglich.
- Marktforschungsinstitut Schlesinger/ Asklepios, 2021: Knapp ein Viertel der Pflegenden muss über die Hälfte der Arbeitszeit für Bürokratie aufwenden, im Mittelwert sind es 42% der Arbeitszeit.
- HIMSS EUROPE, 2015: Die Dokumentationskosten belaufen sich auf circa 21% des gesamten Personalaufwands für Ärzte und Pfleger. Die HIMSS Studie fand heraus, dass es durchschnittlich 65.550 Euro im Jahr kostet, wenn ein Chefarzt dokumentiert.
1. Bürokratische Nachweisverpflichtungen
Pflegepersonaluntergrenzenverordnung (PpUGV)
Situation: Die PpUGV regelt seit 2018 die Festlegung von Pflegepersonaluntergrenzen in pflegesensitiven Bereichen in Krankenhäusern. Nachdem die Untergrenzen pandemiebedingt von März 2020 bis Januar 2021 ausgesetzt waren, sind sie zum Februar 2021 wieder vollständig in Kraft getreten und erweitert worden. Krankenhäuser sind im Rahmen der PpUGV mit einer Vielzahl von Nachweisverpflichtungen (z. B. Meldung der pflegesensitiven Bereiche, Quartals-meldungen und Jahresmeldungen) konfrontiert.
Bewertung: Seit dem Inkrafttreten des Pflegebudgets haben Krankenhäuser keinen finanziellen Anreiz für Personaleinsparungen, der Auswirkung der PpUGV auf das Personal ist überschaubar. Die Beibehaltung der PpUGV neben dem Pflegepersonalquotienten und den geplanten Strukturvorgaben für die Leistungsgruppen führt zudem zu einer Doppelstruktur. Die Nachweise führen insgesamt zur Bürokratie ohne Nutzen für Patienten und Pflegekräfte.
Anpassungsvorschlag: Pflegepersonaluntergrenzen und ihre Nachweise sind zu streichen.
Nachweise für Strukturprüfungen (§ 275d SGB V)
Situation: Zur Abrechnung der von der StrOPS-RL umfassten OPS-Codes für stationäre und teilstationäre Komplexbehandlungen sind sogenannte Strukturmerkmale definiert. Für diese OPS-Codes müssen Krankenhäuser jährlich die Voraussetzungen der Strukturvorgaben gegenüber dem MD nachweisen. Regelhaft werden vom MD hochsensible Daten wie z. B. Arbeitsverträge/Arbeitszeugnisse, umgesetzte Dienstpläne oder Geräte- und Verfahrens-nachweise mit detaillierten Inventarisierungsinformationen gefordert, die in keinem Verhältnis zu den OPS-Anforderungen stehen.
Bewertung: Die Erstellung von Nachweisen für die Strukturprüfungen ist mit großem Aufwand für das Krankenhauspersonal verbunden, da die Nachweise vom MD kleinteilig geprüft werden. Es werden vom MD auch Unterlagen verlangt, die nicht unmittelbar für die Prüfung von OPS-Anforderungen erforderlich sind. Beispielsweise wurden von einer Hamburger Klinik mehr als 10.000 Dokumente und mehr als 8 GB Daten im Rahmen einer Strukturprüfung verlangt.
Anpassungsvorschlag: Verlängerung der Geltungsdauer der Bescheinigung auf drei Jahre, sofern es zwischenzeitlich nicht zu maßgeblichen Anpassungen der Komplexcodes kommt. Streichung von nicht unmittelbar erforderlichen Unterlagen wie z. B. Arbeitsverträge/ Arbeitszeugnisse aus der Liste vorzulegender Nachweise.
Qualitätssicherungsrichtlinien des G-BA
Situation: Es existiert eine Vielzahl an verpflichtend einzuhaltenden Richtlinien des G-BA, die eine umfassende Dokumentation durch das Krankenhauspersonal erfordern (z. B. ATMP-RL, DeQS-RL, QFR-RL, KiHE-RL, KiOn-RL, QBAA-RL, Femurfraktur-RL, Liposuktion-RL, Bronchoskopische Lungenvolumenreduktion-RL, etc.). Bei Nichteinhaltung kommt es zu Abschlägen bzw. Vergütungswegfall.
Bewertung: Durch die G-BA Richtlinien entsteht ein hohes Ausmaß an Nachweisverpflichtungen, welches zusätzlich zu den Qualitätskriterien aus den Strukturprüfungen nach § 275d SGB V und den Landeskrankenhausplänen existiert. Mit dem neuen System der Leistungsgruppen wird noch eine weitere Ebene der Qualitätsanforderungen entstehen.
Anpassungsvorschlag: Alle Richtlinien sind dahingehend auf den Prüfstand stellen, ob sie tatsächliche Qualitätsdefizite adressieren und zu einer Verbesserung der Versorgung beitragen. Richtlinien ohne nachweislichen Mehrwert für Patient:innen sind ersatzlos zu streichen.
Personalausstattung Psychiatrie und Psychosomatik-Richtlinie (PPP-RL)
Situation: Seit 2020 gilt für die psychiatrische und psychosomatische Versorgung die „Personalausstattung in Psychiatrie und Psychosomatik-Richtlinie (PPP-RL)“. Verlangt werden vier Lieferungen im Jahr mit Nachweisen zu ermittelten Mindestvorgaben und tatsächlicher Personalausstattung sowie zu strukturellen Informationen des Krankenhauses, pro Standort zwei Dateien mit insgesamt 25 auszufüllenden Tabellenblättern mit Daten bis auf Stations- und Monatsebene runter. Statt VK (Vollkräften) werden den Nachweisen die VKS (Vollkraftstunden) zugrunde gelegt.
Bewertung: Die geforderten kleinteiligen, stationsbezogenen Dokumentationen sind nicht mit psychiatrischen und psychosomatischen Therapien vereinbar, die stationsübergreifend und am individuellen Patientenbedarf orientiert sind (z. B im Bereich der Spezial- und Bewegungs-therapie). Die Verteilung der angefallenen Arbeitsstunden auf die Dienstpläne einzelner Stationen ist mit einem hohen Dokumentationsaufwand für das Personal verbunden. Zudem führt die Datenlieferung auf VKS-Ebene dazu, sodass jede von Mitarbeitenden erbrachte Stunde im aufwendigen Verfahren bewertet werden muss. Auch eine temporäre Nichterfüllung der Richtlinie in einzelnen Berufsgruppen führt zu einer unverhältnismäßig hohen Strafzahlung.
Anpassungsvorschlag: Die Personalausstattung Psychiatrie und Psychosomatik-Richtlinie (PPP-RL) ist zu streichen.
MD-Abrechnungsprüfungen
Situation: Trotz der im Rahmen der MDK-Reform in 2020 eingeführten Prüfquoten für die Abrechnungsprüfung von vollstationären Behandlungen prägen nach wie vor die Abrechnungsprüfungen nach § 275c SGB V den Alltag in Krankenhäusern. Nach einer Studie von Asklepios (2019) geben 62% der befragten Ärzt:innen an, als Folge der durch MD-Prüfungen verursachten Administrations- und Dokumentationsaufwandes weniger Zeit für die Versorgung von Patient:innen zur Verfügung zu haben.
Bewertung: Die Abrechnungsregelungen sind oft unklar definiert. Gleiche Sachverhalte werden häufig von MD Prüfern und Krankenhäusern unterschiedlich ausgelegt und müssen im aufwendigen Streitverfahren geklärt werden. Ein fälschlicherweise beanstandeter Fall wirkt sich auch nach einer nachträglichen Rücknahme nicht auf die Prüfquote aus. Die Durchsetzung von Aufwandspauschalen bzw. Strafzahlungen sind mit bürokratischem Aufwand verbunden und führen häufig zu gerichtlichen Verfahren.
Anpassungsvorschlag: Berücksichtigung von nachträglich gewonnenen Fällen auf die Prüfquote. Abschaffung der Aufwandspauschale (§ 275c Abs. 1 S. 2 SGB V) und der Aufschlagszahlung (§ 275c Abs. 3 SGB V). Prüfung sekundärer Fehlbelegung und unterer Grenzverweildauer sind zu streichen.
MD-Qualitätsprüfungen
Situation: Die MD-QK-Richtlinie des G-BA regelt die Grundsätze zu den Qualitätskontrollen des MD in Krankenhäusern. Die grundsätzlichen Regelungen werden im Allgemeinen Teil der MD-QK-RL festgehalten, welche im Dezember 2018 erstmalig in Kraft getreten ist. Im besonderen Teil ist beispielsweise die Überprüfung der Einhaltung der Qualitätsanforderungen zum gestuften Notfallsystem und der PPP-RL vorgesehen. Die Kontrollen waren während der Pandemie größtenteils ausgesetzt und werden seit Juli 2022 wieder durchgeführt.
Bewertung: MD-Qualitätskontrollen binden hohe personelle sowie zeitliche Ressourcen und werden von jeweiligen MD sehr unterschiedlich durchgeführt. Beanstandungen basieren teilweise auf einer unrichtigen oder willkürlichen Beurteilung der in den G-BA-Richtlinien enthaltenden Vorgaben und werden erst im abschließenden Kontrollbericht erwähnt, ohne Möglichkeit zur Einflussnahme durch das Krankenhaus. Zudem ist die Sanktionierung (zeitlicher Anwendungsbereich, Widerspruchsmöglichkeiten des Krankenhauses) nicht klar geregelt. Kostenträger nutzen diese Lücke und fordern in Budgetverhandlungen hohe Rückzahlungen. Häufig werden dadurch Schiedsstellen beansprucht.
Anpassungsvorschlag: Rechtsmittel gegen MD-Gutachten mit aufschiebender Wirkung, Folgen/Sanktionen dürfen erst ab Feststellung der Prüfung gelten.
Datenmeldungen InEK (§ 21 KHEntgG), Krankenhausstatistik und Qualitätsberichte
Situation: Krankenhäuser müssen zur Transparenz und für statistische Zwecke regelmäßig verschiedenen Meldeverpflichtungen zu krankenhaus- und patientenbezogenen Daten nachkommen. Hierzu gehören die Datenmeldungen an das IneK gemäß § 21 KHEntgG, Meldungen an die statistischen Landesämter gemäß Krankenhausstatistik-Verordnung sowie die Erstellung von strukturierten Qualitätsberichten gemäß § 136b Abs. 1 Satz 1 Nummer 3 SGB V.
Bewertung: Alle drei Datenmeldungen erfassen zum Teil die gleichen Inhalte, unterscheiden sich aber in der Darstellungsweise bzw. in den Lieferfristen. Durch die unterschiedliche Aufbereitungsweise zu unterschiedlichen Zeitpunkten werden unnötig Personalkapazitäten gebunden.
Anpassungsvorschlag: Drei Meldungen auf eine Gesamtmeldung reduzieren (ggf. InEK-Jahresmeldung um Tatbestände der Krankenhausstatistik und der Qualitätsberichte ergänzen).
Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz (LkSG)
Situation: Mit dem Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz (LkSG) verfolgt der Gesetzgeber die Schaffung von Transparenz entlang der Lieferketten bezüglich der Einhaltung von Menschenrechten und umweltbezogenen Pflichten. Seit dem Inkrafttreten am 01.01.2023 gilt für alle Unternehmen in Deutschland mit mindestens 3.000 Arbeitsnehmern bzw. seit dem 01.01.2024 für alle Unternehmen mit mindestens 1.000 Arbeitsnehmern die Nachweisverpflichtung. Auch Krankenhäuser fallen in den Anwendungsbereich des Gesetzes und müssen jährlich dem Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA) einen Bericht zur Erfüllung der Sorgfaltspflicht vorlegen. Der zu diesem Zweck bereitgestellte Fragebogen vom BAFA umfasst mehrere hundert Fragen zu u. a. Präventionsmaßnahmen, Beschwerdeverfahren und Risikomanagement. Eine Nichteinhaltung der Nachweispflicht kann mit einem Bußgeld von bis zu 2% des Jahresumsatzes geahndet werden.
Bewertung: Krankenhäuser und Rehakliniken als Anbieter von medizinischer Versorgung sind vergleichbar mit Unternehmen aus der Dienstleistungsbranche, die für ihre Wertschöpfung primär Personal einsetzen müssen. Die Wertschöpfung der Krankenhäuser und Rehakliniken erfolgt ausschließlich in Deutschland. Die Lieferketten der Krankenhäuser und Rehakliniken sind somit nicht gleichzusetzen mit der Lieferkette eines Unternehmens aus der produzierenden Industrie. Die Nachweisverpflichtungen aus dem LkSG sind unverhältnismäßig hoch für Krankenhäuser und Rehakliniken und bindet Krankenhauspersonal für die umfassende Berichtserstellung.
Anpassungsvorschlag: Wegfall der jährlichen LkSG-Berichterstellung für Krankenhäuser und Rehakliniken.
2. Bürokratische Abstimmungen
Fixkostendegressionsabschlag (FDA)
Situation: Mit Inkrafttreten des Krankenhausstrukturgesetzes (KHSG) am 01.01.2016 wurde der Fixkostendegressionsabschlag (FDA) als ein Instrument zur Kontrolle von Leistungs-ausweitungen eingeführt. In der Praxis führt der FDA zu aufwändigen Verhandlungen zwischen Krankenhäusern und Krankenkassen, wobei Krankenkassen die FDA-Ausnahmetatbestände häufig sehr eng auslegen. Hiervon sind insbesondere spezielle Behandlungsbereiche wie z. B. die neurologische Frührehabilitation betroffen.
Bewertung: Die aufwendigen Verhandlungen mit Krankenkassen führen häufig zu langwierigen Rechtstreitigkeiten. Insbesondere vor dem Hintergrund der im Rahmen der Krankenhausreform angekündigten Einführung der Vorhaltefinanzierung wird der FDA als Steuerungsinstrument überflüssig.
Anpassungsvorschlag: Ersatzlose Streichung des Fixkostendegressionsabschlags.
Praxis der Budgetverhandlungen
Situation: Für Budgetverhandlungen kamen in den letzten Jahren neue Anforderungen und Nachweisverpflichtungen hinzu, die zu einer deutlichen Steigerung der Komplexität geführt haben. Beispielsweise wurde in 2020 das Pflegebudget eingeführt, die Verhandlungen sind aber langwierig und streitbehaftet. Es muss eine Vielzahl an Unterlagen vorgelegt werden, auf Aufforderung der Krankenkassen müssen zudem verschiedenste Testate von Wirtschaftsprüfern eingeholt werden (s.Anlagefür eine beispielhafte Anfrage aus der Praxis).
Bewertung: Budgetverhandlungen sollten nach den Vorstellungen des Gesetzgebers prospektiv sein, in der Praxis laufen sie jedoch deutlich verzögert. Das Verfahren kann sich zudem je nach Krankenkasse und Bundesland unterscheiden. Es existieren unterschiedliche Formulare mit unterschiedlichen Berechnungsmethoden (z. B. für die Budget-Ausgleichsberechnungen gemäß § 4 KHEntgG), die den bürokratischen Aufwand für Krankenhäuser stark erhöhen.
Anpassungsvorschlag: Deutliche Vereinfachung des Verfahrens durch z. B. eine Heranziehung von Wirtschaftsprüfertestaten als bundeseinheitliche Basis für die Verhandlungen. Einführung von bundeseinheitlichen Formulare für Budget-Ausgleiche gemäß § 4 KHEntgG.
Rechnungsabweisungen durch die Krankenkassen per DTA
Situation: Im Rahmen des Datenträgeraustauschverfahrens (DTA) haben Krankenkassen die Möglichkeit, Rechnungen von Krankenhäusern ohne MD-Prüfung abzuweisen, wenn die übermittelten Diagnosen nach Einschätzung der Krankenkasse ein ambulantes Potenzial suggerieren. Häufig sind hiervon vorstationäre Behandlungen betroffen. Diese Möglichkeit der Abweisung per DTA wird ausgeweitet auf die Anzweifelung der Verweildauer (u. a. Straffung der Behandlung, Unterschreitung der unteren Grenzverweildauer).
Bewertung: Die Abweisungsmöglichkeit für Krankenkassen per DTA ist nicht in einem standardisierten Verfahren geregelt. Krankenkassen fordern medizinische Begründungen in einem unverhältnismäßig hohen Detailgrad. Es kommt in der Regel zu einem langwierigen, und umfangreichen Schriftverkehr mit mehrfacher gegenseitiger Zusendung von Dokumenten. Für die Abstimmung, Aufbereitung und Zusendung von Unterlagen entsteht ein großer bürokratischer Aufwand für das Krankenhauspersonal.
Anpassungsvorschlag: Streichung der Möglichkeit einer einseitigen Rechnungsabweisung. Klärung von Streitfällen in einem einheitlich geregelten Falldialog mit dokumentierter Entscheidung.
Nachweis der erfolgten Energieberatung nach § 26f KHG
Situation: Gem. § 26f Abs. 8 KHG sind Krankenhäuser verpflichtet, bis zum 15.01.2024 einen Nachweis der erfolgten Energieberatung der Landesbehörde oder der von der Landesbehörde benannten Krankenkasse vorzulegen, wenn sie eine Ausgleichszahlung nach § 26f KHG erhalten. Das Nachweisverfahren wird nicht bundeseinheitlich geregelt.
Bewertung: Durch die fehlenden Regelungen auf Bundesebene werden den Krankenhäusern je nach zuständiger Landesbehörde unterschiedliche Anforderungen für die Nachweiserbringung gestellt. Krankenhausträger mit Standorten in mehreren Bundesländern müssen unter Aufwand mehrere Nachweise vorbereiten. Ob die bereits für viele Krankenhäuser verpflichtende Energieaudits nach § 8 EDL-G angerechnet werden können, muss individuell mit der Landesbehörde bzw. der benannten Krankenkasse geklärt werden.
Anpassungsvorschlag: Bundeseinheitliche Bestimmungen zum Nachweisverfahren mit einer Klarstellung zur Anerkennung der Energieaudits nach § 8 EDL-G als hinreichenden Nachweis.
Wechsel von ausländischen Fachkräften im Anerkennungsverfahren
Situation: Bei jedem Landkreis- bzw. Zuständigkeitswechsel wird das Verfahren zur Erteilung einer Arbeitserlaubnis neu begonnen. Die Bundesagenturen sprechen sich in der Regel immer für eine Vollzeittätigkeit aus und erteilen die Erlaubnis für die Aufnahme der Beschäftigung beim neuen Krankenhaus, die Umsetzung obliegt aber der Ausländerbehörde die eigenständig davon abweichen kann.
Bewertung: Bis zur Einsatzmöglichkeit im neuen Krankenhaus können bis zu vier Wochen und mehr vergehen. Für eine Verschiebung des Arbeitsortes von zum Teil weniger als 10km entsteht ein hoher Bürokratieaufwand für das ausländische Fachpersonal und das Krankenhaus. Ein zeitnaher Einsatz des dringend benötigten Personals wird verhindert.
Anpassungsvorschlag: Vereinfachung des Verfahrens zur Erteilung der Arbeitserlaubnis mit der Bundesagentur als federführende Behörde. Bundeseinheitliche Festlegung, dass in Pflegeberufen ein grundsätzlicher Fachkräftemangel herrscht und nicht jedes Mal neu abgefragt werden muss. Landkreisübergreifender Zugriff auf Personaldaten für das Verfahren zur Erteilung der Arbeitserlaubnis.
3. Bürokratische Prozesse
Entlassmanagement: Anschlussrehabilitation
Situation: Leistungen der Anschlussrehabilitation werden nach bürokratischer Antragstellung und Genehmigung durch die jeweils zuständigen Reha-Träger gewährt. Bei der Rentenversicherung dürfen Anschlussrehabilitationsmaßnahmen ohne vorherige Genehmigung eingeleitet werden. Bei den gesetzlichen Krankenkassen ist hingegen vor der Verlegung eine Genehmigung abzuwarten. Eine zeitnahe Entlassung von Krankenhauspatienten scheitert teilweise an dieser Genehmigungspflicht, so dass Patienten nicht rechtzeitig aus dem Krankenhaus entlassen werden könne. Das führt in der Folge zu Abrechnungskürzungen bei den Krankenhäusern wegen nicht medizinisch notwendiger stationärer Behandlungstage.
Bewertung: Die derzeitige Regelung im § 40 SGB V Abs. 3 SGB V stellt keinen bedarfsgerechten Zugang der Anschlussrehabilitation sicher. Die vorherige Genehmigungspflicht umfasst einen enormen administrativen Aufwand für das Personal im Krankenhaus und verhindern eine patientenorientierte Planung im Entlassmanagement. Zudem kann es zu einer Minderung des Reha-Erfolgs führen, wenn die notwendige Anschlussrehabilitation nicht rechtzeitig eingeleitet werden kann. Dies ist besonders kritisch bei Phase C Patient:innen in der neurologischen Rehabilitation, da hier der Übergang zwischen Akut und Rehabilitation fließend ist. Eine verzögerte Aufnahme von Rehabilitationsmaßnahmen kann schwerwiegende Folgen für die Patient:innen haben.
Anpassungsvorschlag: Eine Anschlussrehabilitation nach einem Krankenhausaufenthalt sollte vom Krankenhausarzt auf Grundlage eines Indikationskatalogs direkt eingeleitet werden können, ohne dass es einer vorherigen Genehmigung bedarf. Eine Verschreibung einer Rehabilitationsmaßnahme durch einen Krankenhausarzt ist hierbei ausreichend. Der Genehmigungsvorbehalt für Anschlussrehabilitationsleistungen wurde während der Corona-Pandemie ausgesetzt und verantwortungsvoll umgesetzt. In der Rentenversicherung wird dieses Verfahren seit vielen Jahren praktiziert.
Entlassmanagement: Verordnung von Hilfsmitteln
Situation: Der Rahmenvertrag Entlassmanagement gilt seit 01.10.2017 für alle Krankenhäuser verbindlich. Im Entlassmanagement gelten Regelungen der vertragsärztlichen Versorgung. Beispielsweise müssen Hilfsmitteln zwingend auf einem Rezept (Muster 16) mit Unterschrift eines Facharztes ausgestellt werden anstatt auf einer formlosen Verordnung.
Bewertung: Die derzeitigen Vorgaben für das Entlassmanagement werden dem klinischen Alltag nicht gerecht. Dadurch, dass der Rahmenvertrag z. B. kleinteilig vorschreibt, zu welchen Zeitpunkten, durch wen und in welchem Volumen Verordnungen ausgestellt und eingelöst werden können, wird das ohnehin eingeschränkte Personal zusätzlich beansprucht.
Anpassungsvorschlag: Einführung von formlosen Verordnungen für Arzneimitteln und Hilfsmitteln.
Übergangspflege
Situation: Mit dem Gesetz zur Weiterentwicklung der Gesundheitsversorgung (GVWG) wurde im Juli 2021 der Anspruch der Versicherten auf eine sogenannte Übergangspflege im Krankenhaus im § 39e SGB V verankert. Krankenhäuser müssen dabei das Vorliegen der Voraussetzungen einer Übergangspflege im Einzelnen ausführlich dokumentieren.
Bewertung: Ein Großteil der von Krankenkassen geforderten Daten für die Übergangspflege wird bereits während des Krankenhausaufenthaltes übermittelt und liegt somit zum Zeitpunkt der Aufnahme der Übergangspflege vor (z. B. durch die Übermittlung im Rahmen der Aufnahmeanzeige über § 301 SGB V). Es findet mehrfache Datenübermittlung statt. Als wesentliches Kriterium für die Erbringung der Übergangspflege wird zudem vorgegeben, dass mindestens 20 geeignete Anschlussversorger anzufragen sind. Sofern weniger geeignete Anschlussversorger vorhanden sind, sind alle geeigneten Anschlussversorger anzufragen. Für jeden der 20 angefragten Anschlussversorger müssen Name, PLZ und Ort des Anschlussversorgers sowie Datum und Ergebnis der Anfrage dokumentiert werden. Bei weniger als 20 infrage kommenden Anschlussversorgern müssen die Anforderungen an die geeigneten Anschlussversorger aufgrund eines komplexen oder besonderen Versorgungsbedarfes sowie der gewünschte Ort und Umkreis der Versorgung dokumentiert werden (s. Anlage).
Anpassungsvorschlag: Daten, die bereits im Rahmen des Krankenhausaufenthalts an Krankenkassen übermittelt werden, sind aus der Übermittlungspflicht für die Übergangspflege auszunehmen. Bei bekanntem Engpass in der vertragsärztlichen Versorgung vor Ort ist die verpflichtende Anfrage von Anschlussversorgern durch das Krankenhauspersonal zu streichen.
Patientenaufnahme
Situation: Bei der Aufnahme müssen alle Patient:innen eine Vielzahl von Unterlagen sichten und unterzeichnen (z. B. Behandlungsvertrag mit Allgemeinen Vertragsbedingungen (AVB), Einverständniserklärung zur Veröffentlichung von Gesundheitsinformationen, Datenschutz-erklärungen, finanzielle Verantwortungserklärung, Haftungsausschlüsse). Alle Unterlagen werden in der Regel in Papierform vorbereitet und den Patient:innen vorgelegt.
Bewertung: Derzeit müssen bei der Aufnahme zahlreiche Unterlagen Patient:innen vorgelegt und von ihnen individuell unterzeichnet werden. Aufgrund der Fülle an Informationen bedürfen Patient:innen häufig einer Unterstützung bei der Sichtung der Unterlagen. Oft kommt es dadurch zu einer Verzögerung des Aufnahmeprozesses. Krankenhäuser müssen unter großem Aufwand kontinuierlich prüfen, ob die Aufnahmeunterlagen die aktuelle Rechtslage widerspiegeln, bei einer Anpassung müssen für alle Standorte kurzfristig Unterlagen ausgetauscht werden. Ein bürokratiearmes, bundeseinheitliches Verfahren zur sozialgerichtsfähigen Festhaltung existiert nicht.
Anpassungsvorschlag: Gesetzliche Festlegung von Mindestinhalten auf Bundesebene. Rechtssichere Möglichkeit zur Nutzung von Aushängen zur Informierung von Patient:innen.
Ausgleich des Pflegebudgets bzw. der Entgelte im PEPP-System
Situation: Für das Pflegebudget erfolgt der Ausgleich der Mehr-/Mindererlöse nach § 6a Abs. 3 und Abs. 5 KHEntgG im nächsten Vereinbarungszeitraum über einen Zahlbetragspflege-entgeltwert. Ähnliches gilt auch für den Ausgleich der Entgelte nach § 15 Abs. 2 BPflV. Hier werden die Ausgleiche für Vorjahre zusammen mit dem Basisentgeltwert des laufenden Jahres berechnet. Die Erlöse aus den Vorjahren sind in der Bilanz zu berücksichtigen und müssen z. T. manuell unter großem Aufwand über die laufende Rechnungstellung wieder aufgelöst werden.
Bewertung: Das derzeit vorgeschriebene Verfahren für den Ausgleich des Pflegebudgets bzw. der Entgelte im PEPP-System verursacht vermeidbaren Bürokratieaufwand, welcher z. B. im Erlösausgleich nach § 5 Abs. 4 KHEntgG mit gesonderter Finanzierung und Ausweisung von Zu-/Abschlägen nicht vorkommt.
Anpassungsvorschlag: Ausgleich des Pflegebudgets bzw. der Entgelte im PEPP-System nach dem Modell des Erlösausgleichs gem. § 5 Abs. 4 KHEntgG.
DEMIS-Bettenmeldungen
Situation: Krankenhäuser müssen nach § 13 Abs. 7 nichtintensivmedizinische und intensivmedizinische Bettenkapazitäten melden. Die Meldung wird auch an Wochenenden gefordert. Krankenhäuser mit ausschließlicher Zulassung nach § 30 GewO sind zudem mit der Problematik konfrontiert, dass sie keine direkte Anbindung an DEMIS besitzen. Es besteht eine technische Unmöglichkeit, da Voraussetzung hierfür eine Anbindung an die TI-Infrastruktur ist. Diese Krankenhäuser müssen die Bettenmeldung manuell über eine spezielle technische Schnittstelle an das RKI übermitteln.
Bewertung: Die Meldungen müssen unter großem Aufwand des Krankenhauspersonals täglich erfolgen. Auch an Wochenenden, an denen der Empfänger nicht anwesend ist, wird die Bettenmeldung gefordert. Krankenhäuser ohne DEMIS-Anbindung müssen zudem das Verfahren händisch durchführen.
Anpassungsvorschlag: Die Streichung der täglichen Bettenmeldungen.
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