Statements zur Curacon-Studie

Keine Zweiklassenfinanzierung

Thomas Lemke, Chief Executive Officer (CEO) der Sana Kliniken, und Marco Walker, CEO der Asklepios Kliniken warnen vor gravierenden Finanzierungsdefiziten, unfairem Wettbewerb und Risiken für die Versorgungssicherheit. Die BDPK-Vorstandsmitglieder kommentieren das aktuelle Curacon-Whitepaper.

Von Thomas Lemke

Das aktuelle Curacon-Whitepaper zur Krankenhausfinanzierung legt schonungslos offen, wie gravierend die strukturellen Defizite unseres Finanzierungssystems inzwischen sind. Seit Jahren mahnen wir an, dass die Kluft zwischen den realen Kosten der Patientenversorgung und den tatsächlich bereitgestellten Mitteln immer größer wird. Die Träger müssen immer höhere Defizite ausgleichen, was sie vor enorme Herausforderungen stellt.

Private und freigemeinnützige Träger sind hiervon in besonderem Maße betroffen. Anders als kommunale Häuser können sie dauerhafte Verluste nicht durch Steuermittel ausgleichen. Sie müssen wirtschaftlich stabil arbeiten, um ihre Versorgungsaufträge langfristig erfüllen zu können. Wenn aber die Erlöse aus den staatlich festgelegten Vergütungs- und Finanzierungsmechanismen systematisch unterhalb der tatsächlichen Kosten bleiben, gerät genau diese Stabilität ins Wanken. Das ist nicht nur ein betriebswirtschaftliches Problem – es ist ein Risiko für die Versorgungssicherheit der Bevölke- rung.

Das Whitepaper zeigt auch: Die Investitionsfinanzierung ist seit Langem unzureichend. Notwendige Modernisierungen, Digitalisierungsschritte und bauliche Anpassungen werden verschleppt oder müssen aus den ohnehin knappen Betriebsmitteln quersubventioniert werden. Anstatt die Versorgung der Zukunft aufzubauen, verschleißen wir so Strukturen, die wir eigentlich stärken müssten.

Wir brauchen deshalb dringend einen Paradigmenwechsel. Es reicht nicht, punktuell nachzubessern oder kleinteilige Zusatzprogramme aufzulegen. Gefordert ist eine Finanzierung, die auf drei Grundpfeilern ruht: Planungssicherheit, Kostenwahrheit und Fairness gegenüber allen Trägern. Nur wenn Betriebskosten verlässlich gedeckt und Investitionen gesichert sind, können Kliniken ihre Rolle als Garanten für eine hochwertige und wohnortnahe Patientenversorgung erfüllen. Die Politik ist jetzt gefordert, den Mut für grundlegende Reformschritte aufzubringen. Ein „Weiter so“ würde die finanzielle Erosion vieler Kliniken nur beschleunigen. Wir als Klinikträger stehen bereit, Verantwortung zu übernehmen, Versorgung innovativ weiterzuentwickeln und unsere Leistungsfähigkeit in das Gesundheitssystem einzubringen – aber dafür brauchen wir faire Rahmenbedingungen. Die Patient:innen erwarten zu Recht, dass Qualität, Verlässlichkeit und Zukunftsfähigkeit im Mittelpunkt stehen. Eine Finanzierung, die auf Defiziten basiert, kann das nicht leisten.

Von Marco Walker

Das Curacon-Whitepaper zur Krankenhausfinanzierung bestätigt vieles, was wir in der Branche seit Jahren diskutieren, und die Ergebnisse sind so gesehen wenig überraschend. Doch das Ausmaß der Unwucht übertrifft alle bisherigen Befürchtungen.

Besonders augenfällig wird das an der kommunalen Unterstützung: Rund vier bis fünf Milliarden Euro wurden allein 2024 zur Sicherung öffentlicher Einrichtungen kommunal bereitgestellt. Solche großflächigen Defizitausgleiche haben eine Reihe negativer Wirkungen: Unwirtschaftliche, teilweise überflüssige Strukturen werden so künstlich am Leben gehalten; den für andere Träger bestehenden Druck, ökonomisch zu handeln, haben die Begünstigten nicht oder mindestens deutlich weniger, was zu einem völlig verzerrten Wettbewerb führt. Denn private oder freigemeinnützige Träger gesunder und wirtschaftlich arbeitender Kliniken erhalten diese Sonderzuwendungen natürlich nicht. Zu Recht erscheint das im Whitepaper als „Zwei-Klassen-Finanzierung“. Diese Mittel fehlen zudem in den Haushalten, wo sie für andere Zwecke dringend gebraucht würden.

Wie sehr hier alle Maßstäbe verloren gegangen sind, zeigt die Umrechnung der Zuwendungen je Bett. Mit 20.000 Euro je Bett nur für 2024 liegen diese versteckten Subventionen weitaus höher als die 12.000 Euro, die von 2020 bis 2024 jährlich je Bett an alle Kliniken als Unterstützungsleistungen gingen – also natürlich auch an die zusätzlich Begünstigten. Die Pandemie hat die fragile Ökonomie der Krankenhäuser durcheinandergebracht. Mit den erwähnten Unterstützungsleistungen ließen sich die Folgen zunächst abfedern, aber seit zwei Jahren schlagen sie durch. Das belegen die Insolvenzverfahren. Von ihnen sind besonders freigemeinnützige Häuser betroffen, die weder über die Möglichkeiten privater Unternehmen verfügen noch auf den Geldregen des Steuerzahlers hoffen können wie kommunale Einrichtungen.

Durch die systematische Unterfinanzierung, insbesondere bei Investitionskosten, und die nicht bedarfsgerechte Betriebskostenfinanzierung, öffnet sich die Schere zwischen Kosten und Erlösen für alle Kliniken immer weiter. Mit dieser Kombination von Unterfinanzierung und der Subventionierung von Zombiestrukturen gelingt das schier unglaubliche Kunststück, ökonomisches Aushungern gleichzeitig mit Geldverschwendung zu verbinden Dieses widersinnige Handeln ist das exakte Gegenteil von Nachhaltigkeit und Zukunftssicherheit und muss dringend beendet werden. Gerade die Trägervielfalt ermöglicht, dass die unterschiedlichen Konzepte ihre jeweiligen Stärken ausspielen können und im Wettbewerb alle voneinander lernen und besser werden können. Das Curacon-Whitepaper ist insofern ein Weckruf: Wir brauchen einen fairen Wettbewerb mit gleichen Bedingungen für alle Beteiligten und Handlungsfreiheit auf der Basis einer auskömmlichen Finanzierung. Und das Ganze so schnell wie möglich!