Integration ausländischer Fachkräfte

Mit Geduld und Ausdauer

Die Akquise internationaler Fachkräfte bedeutet für Kliniken zahlreiche An- und Herausforderungen. Nach den Erfahrungen von Steven Theilig von der VAMED Gesundheit Deutschland ist die Integration zeitlich lang, aufwändig und teuer – aber trotzdem zu empfehlen.

Steven Theilig ist Verwaltungsleiter der VAMED Rehaklinik Berching (Bayern) und zugleich Integrationsbeauftragter aller Kliniken der VAMED Gesundheit Deutschland. In den vergangenen fünf Jahren hat er mehr als 150 Pflegefachkräfte, Ärzte, Therapeuten und andere Fachkräfte aus dem Ausland sehr intensiv bei ihrem Berufseinstieg in Einrichtungen der VAMED Gesundheit Deutschland begleitet. Herkunftsländer der neuen Kolleg:innen sind unter anderem Brasilien, Philippinen, Westbalkan, China, Syrien, Aserbaidschan, Russland, Ukraine und verschiedene EU-Staaten.

Um das Potenzial der ausländischen Fachkräfte ausschöpfen zu können, ist es nach den Erfahrungen von Steven Theilig besonders wichtig, dass sehr gut vorausgeplant wird und dass die neuen Mitarbeiter:innen intensiv und kompetent begleitet werden. „So nebenbei funktioniert das nicht. Im Idealfall gibt es für diese Aufgabe eine:n Vertantwortliche:n mit einem ausreichenden Zeitkontingent“, betont er. Einen zentralen Schlüssel für die Integration am Arbeitsplatz und im Alltag sieht Theilig in ausreichenden Deutschkenntnissen. „Entgegen der neuen gesetzlichen Vorgaben der Bundesregierung für die Fachkräftegewinnung hält unser Unternehmen deshalb an einem abgeschlossenen B2-Kurs vor der Einreise fest.“. In der Regel folgen hierzulande dann weitere Aufbaukurse.

Zeitpuffer einkalkulieren

Weil der bürokratische Prozess sehr aufwändig ist, dürften Unternehmen nicht davon ausgehen, dass die Mitarbeitenden sofort nach ihrer Ankunft in Deutschland einsatzbereit seien, warnt Theilig: „Die Herausforderungen bestehen für uns als Arbeitgeber vor allem in den sich ständig ändernden Regelungen und Vorschriften, die sich zudem von Bundesland zu Bundesland und sogar auf Landkreisebene unterscheiden. Hinzu kommt, dass es den unterschiedlichen Akteuren auf behördlicher Ebene zum Teil an Kapazitäten und Erfahrungen fehlt.“

Bei der Anerkennung einer Pflegefachkraft arbeite er mit bis zu sechs unterschiedlichen Behörden zusammen, die nur teilweise – oder auch noch gar nicht – digital miteinander verbunden seien. „Dadurch müssen wir oft die gleichen Unterlagen für unterschiedliche Behörden mehrfach ausfüllen.“

Aufgrund der Gegebenheiten bewege sich der Zeitraum zwischen der Einreise und der Einsatzfähigkeit als Pflegefachkraft meist zwischen sechs und zehn Monaten. „Als Klinik muss man diesen Zeitpuffer einkalkulieren. Bis die Berufsanerkennung vorliegt, kann es Monate dauern“, so Theilig weiter. „Zwar wurde in Bayern mit der Fast Lane und der damit verbundenen Schaffung zentraler Strukturen eine Vereinfachung des Prozederes erreicht, aber jeder Regierungsbezirk hat unterschiedliche Vorgehensweisen in den Ausländerbehörden. Das erleichtert die Sache nicht gerade.“ Auch die Anerkennung der ausländischen Qualifikation durch die Zentralstelle für ausländisches Bildungswesen erfordere Geduld und Ausdauer. „Im medizinischen Bereich, also bei den sogenannten reglementierten Berufen, ist eine sofortige Komplettanerkennung der im Heimatland erworbenen Qualifikationen selten. Meiner Erfahrung nach müssen fast alle Bewerber:innen hierzulande erst noch Anpassungslehrgänge sowie eine Kenntnisprüfung bei einem zugelassenen Bildungsinstitut absolvieren - auch wenn sie in ihrem Heimatland einen Bachelor oder Master gemacht haben. In dieser Zeit dürfen sie lediglich in einer Hilfstätigkeit arbeiten. Das ist absolut sinnvoll, sorgt aber oft für Unverständnis und Frustration bei den Neuankömmlingen.“

„Faktor Mensch“

Ebenso wichtig wie der bürokratische Prozess sei der „Faktor Mensch“, sagt Theilig. „Man muss das Wort `Integration´ tatsächlich mit Leben füllen. Das bedeutet, die Führungskräfte gut auf die Interkulturalität und die damit verbundenen Herausforderungen vorzubereiten und die bestehenden Teams mit all ihren eventuellen Unsicherheiten und Vorbehalten abzuholen. Und es bedeutet, dass man sich als Unternehmen der Verantwortung bewusst ist, sich vernünftig um die neuen Mitarbeitenden zu kümmern. Man muss die Menschen, für die der Wegzug aus ihrem Heimatland ja einen enorm großen Schritt bedeutet, mit Menschlichkeit, Verlässlichkeit und vertrauensvoll begleiten. Dazu gehört auch, dass man sie bei Bedarf bei Fragen zu Alltagsdingen unterstützt, sei es beispielsweise bei der Wohnungssuche, der Erneuerung der Fahrerlaubnis, der Suche nach einem Hausarzt oder auch sinnvoller Beschäftigungen nach Feierabend. Wenn dieser Integrationsprozess für alle Seiten gut vonstattengeht, hat man gute Chancen, die neuen Mitarbeitenden längerfristig ans Unternehmen zu binden.“

 Das Fazit von Steven Theilig ist eindeutig: Zwar sei das gesamte Verfahren für alle Beteiligten zeitintensiv, aufwändig und für die Kliniken überdies teuer, aber: „Die Beschäftigung ausländischer Pflegefachkräfte hilft uns nicht nur bei der Abfederung des Pflegenotstands, sondern sie bedeutet für die Kliniken und die jeweiligen Teams aufgrund der Vielfalt unterschiedlicher Charaktere, Mentalitäten, Hintergründe und beruflicher Erfahrungen eine echte Bereicherung.“