Kolumne Thomas Bublitz

Ausweg aus dem Dilemma

Die neue Bundesregierung ist im Amt. So auch die neue Gesundheitsministerin Nina Warken. Im Raum steht die spannende Frage, wie die Gesundheitsministerin der neuen Bundesregierung die Probleme angehen will. Die Ausgangslage ist kompliziert: Zum einen haben die gesetzliche Kranken- und Pflegeversicherung kaum noch Rücklagen und weisen besorgniserregende Defizite auf. Zum anderen kann man auch die Leistungserbringer, wie zum Beispiel die Krankenhäuser oder Pflegeheime nicht zur Ader lassen, denn die meisten von ihnen befinden sich nach den Jahren der Inflation ebenfalls in existentieller Not. Noch nie gab es so viele Insolvenzen bei Krankenhäusern und Pflegeheimen. Die Lösung der Finanzprobleme über eine Erhöhung der Beitragssätze scheint nicht möglich, da die Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Wirtschaft angesichts der mäßigen Konjunktur nicht noch weiter geschwächt werden soll. Die Prognosen für Wirtschaftswachstum und mehr Steuereinnahmen in den nächsten Jahren sind düster.  Immer mehr Arbeitsplätze wandern schon jetzt wegen zu hoher Kosten ins Ausland.

Bleiben also nur zwei Möglichkeiten: Entweder der Staat macht neue Schulden und stützt die Sozialkassen mit zusätzlichen Bundeszuschüssen und/oder es werden echte Reformen im Gesundheits- und Pflegebereich eingeleitet. Wie aber können diese Reformen aussehen, wenn man die Versorgung der Patienten möglichst nicht verschlechtern will? Eine geringere und stärker gesteuerte Inanspruchnahme der Vertragsärzte durch ein Primär-Arztsystem scheint sinnvoll. Für den Krankenhausbereich müssen dringend planstaatliche Personalvorgaben, die keine wissenschaftliche Evidenz haben und teuer sind, gestrichen werden. Sie müssten dann auch nicht mehr mit viel Bürokratie kontrolliert werden. Bereits eine Stunde weniger für Bürokratie entspräche einer Entlastung des Personals in Höhe von fast 22.000 Arztstellen und rund 47.000 Pflegestellen ohne Mehrkosten – das System, die Mitarbeitenden sind ja bereits vorhanden.

Wir müssen also zulassen, dass die Krankenhäuser mit ihrer hohen medizinischen und organisatorischen Kompetenz eigenverantwortlich ausprobieren und zeigen, wie gute Medizin zu möglichst geringen Kosten erbracht werden kann. Mit den bestehenden zentralistischen Personalvorgaben (wie Leistungsgruppenvorgaben, PPP-RL, Personaluntergrenzen, G-BA, OPS-Vorgaben und QS-Codes) kann das nicht gelingen. Das soll nicht jenseits aller Kontrolle geschehen, sondern von umfassender Ergebnisqualitätsmessung flankiert werden. Die möglichen Einsparungen entlasten und stabilisieren die Krankenhäuser, ohne dass zusätzliches Geld der Krankenkassen nötig wäre. Die ausgetretenen Pfade der Gesundheitspolitik zu verlassen, braucht aber Mut und Vertrauen in einen geregelten Wettbewerb.