Fortschritt ist schön

Innovative Versorgungslösungen: Fortschritt ist Schön

Der BDPK berichtet in lockerer Folge über neue Technologien und Behandlungsansätze seiner Mitgliedseinrichtungen. Diesmal stellen wir Anwendungsbeispiele der Schön Klinik Gruppe vor, die im Akut- und Reha-Bereich zahlreiche Innovationen in den medizinischen Alltag integriert hat.

Fundiertes Fachwissen mit innovativen Technologien zusammenbringen – das ist seit 40 Jahren ein Leitgedanke der Schön Kliniken. Dadurch sind in der klinischen Praxis der zum Unternehmen gehörenden Einrichtungen schon seit Langem zahlreiche moderne Techniken und digitale Lösungen etabliert. Die Bandbreite reicht von der roboterassistierten mini- malinvasiven Chirurgie in der Allgemein- und Viszeralchirurgie sowie bei Gelenkoperationen bis hin zu Apps für Patient:innen zur Unterstützung der Therapie. Aus der Vielzahl der in der Schön Klinik Gruppe praktizierten innovativen Versorgungslösungen stellen wir exemplarisch einige Anwendungen aus der Psychosomatischen Medizin, der Neurologischen Frühreha und der Pulmonalen Rehabilitation vor.

Telemedizinische Online-Behandlung

Unter dem Namen „MindDoc“ gründeten die Schön Kliniken bereits im Jahr 2017 ein Start-up-Tochterunternehmen, das videobasierte Psychotherapie anbietet sowie zwei wegweisende Apps entwickelt und in Betrieb genommen hat. In der Online-Psychotherapie werden Erwachsene mit Depression, Angststörungen, Essstörungen und Zwangsstörungen behandelt. Mit einem leicht durchzuführenden und anonymen Online-Selbsttest bekommen die Patient:innen eine erste Orientierung darüber, ob eine Therapie für sie sinnvoll ist. Für die Teilnahme an der Online-Therapie ist gemäß der Psycho- therapie-Richtlinie ein persönliches Erstgespräch erforderlich das mit wenigen Mausklicks in einer von bundesweit 200 MindDoc-Partnerpraxen vereinbart werden kann. Wie bei der Psychotherapeutischen Sprechstunde in der Regelversorgung dient das Erstgespräch der ersten Diagnostik und Einschätzung, ob eine behandlungsbedürftige Erkrankung vorliegt und welche Form der Behandlung angezeigt ist. Wenn das Erstgespräch ergibt, dass Psychotherapie bei MindDoc auf die Symptomatik Einfluss nehmen kann, erhalten die Patient:innen per E-Mail Informationen zu den nächsten Schritten und können ihre erste Therapiesitzung online buchen.

Zu Beginn einer Behandlung finden Sitzungen in der Regel wöchentlich statt; im späteren Verlauf der Therapie wird der Abstand zwischen den Sitzungen Stück für Stück vergrößert. Während der gesamten Behandlung wird jede:r Patient:in von derselben Person betreut – über 200 Psychotherapeut: innen gehören zum MindDoc-Team. Die Behandlungskosten werden von den privaten und einigen gesetzlichen Krankenversicherungen übernommen, unter anderem durch die AOK Niedersachsen, die Barmer und die Knappschaft. Wie viele Therapiesitzungen erforderlich sind, ist von Patient:in zu Patient:in unterschiedlich und wird gemeinsam mit den Therapeut:innen entschieden.

Zwischen den einzelnen Sitzungen können die Patient:innen mit einer weiteren Eigenentwicklung von MindDoc, der MindDoc-Begleiter-App, an ihren Therapiezielen weiterarbeiten. Die in der Grundversion kostenfrei nutzbare App funktioniert als Tagebuch- und Selbstmanagement-App und enthält über 70 verhaltenstherapeutische Kurse und Übungen. Sie kann auch außerhalb der Online-Therapie von allen genutzt werden, die ihre psychische Gesundheit im Auge behalten wollen. Mit einer übersichtlichen Benutzerführung hilft die App den Teilnehmenden, ihre Stimmungen, Symptome, Lebensumstände und Probleme, aber auch Ressourcen, zu beobachten und aufzuzeichnen, um Muster in ihrem psychischen Wohlbefinden zu erkennen. Bei regelmäßiger Nutzung liefert die App automatisiertes Feedback zu Symptomen, Problemen und persönlichen Ressourcen sowie zum allgemeinen emotionalen Wohlbefinden. Nach 14 Tagen erhalten Nutzer:innen eine Empfehlung dazu, ob eine weitere ärztliche oder psychotherapeutische Abklärung notwendig erscheint.

Eine weitere von MindDoc selbst entwickelte App ist „MindDoc auf Rezept“. Die App ist vom Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) als Digitale Gesundheitsanwendung (DiGA) zugelassen und kann von ärztlichen und psychotherapeutischen Praxen im Rahmen der kassenärztlichen Versorgung für Patient:innen mit leichten und mittelgradigen Depressionen verschrieben werden. Auch eine Verordnung im klinischen Entlassmanagement ist möglich. Das Rezept kann über die MindDoc-Website bei den Krankenkassen eingereicht werden. Diese senden den Versicherten dann einen individuellen Zugangscode zur Freischaltung der App. Danach haben sie einen zeitlich unbegrenzten Zugang für die App und können auf Deutsch und Englisch die Funktionen zur täglichen Selbstbeobachtung sowie Kurse und interaktive Übungen zur Verbesserung der mentalen Gesundheit nutzen. Zudem vermittelt die App den Patient:innen Kenntnisse und Fertigkeiten zur Bewältigung psychischer Herausforderungen.

Neben MindDoc nutzen die psychosomatischen Schön Kliniken auch die weltweit führende „Recovery Record App“ während der Behandlung von Patient:innen mit Essstörungen. Mit dieser App können das Ess- und Bewegungsverhalten so- wie Gedanken und Gefühle protokolliert und analysiert wer- den. Man kann sich mit den Bezugstherapeut:innen verlinken und zwischen den Einzelkontakten Feedback zu den Einträgen erhalten. Die App wird in den Schön Kliniken als freiwilliges Angebot für die Patient:innen eingesetzt und steht sowohl zur begleitenden Behandlung während des Klinikaufenthalts als auch zur Nachsorge zur Verfügung. Bulimie-Patient:innen konnten die App im Rahmen einer inzwischen abgeschlossenen Studie bis zu 16 Wochen nach der Entlassung weiter nutzen. Die Auswertung der Studie steht demnächst an.

Neurologische Frühreha

Digitale Techniken nutzen die Schön Kliniken auch in der Neurologischen Frühreha. Zum Beispiel in der Schön Klinik Bad Aibling, einer Fachklinik für Neurologische Frührehabilitation, Wirbelsäulen- und Orthopädische Chirurgie und Alzheimer-Therapiezentrum. Friedemann Müller, ehemaliger Chefarzt der Klinik, hat gemeinsam mit der Bayerischen TelemedAllianz eine kostenlos nutzbare Spastik-App für Schlaganfallpatient:innen entwickelt, die es ermöglicht, Symptome einer beginnenden Spastik nach der Klinikentlassung zu erkennen.  Mit  Unterstützung  durch   Angehörige  werden in regelmäßigen Abständen zehn Fragen beantwortet und eine daraus erstellte Ampelauswertung gibt Empfehlungen für die weitere Therapie. Vor Kurzem hat ein Konsortium aus der Schön Klinik zusammen mit zwei anderen Rehabilitationskliniken und der Charité Berlin sowie der BTA und der Mobil Krankenkasse ein großes Forschungsprojekt des Innovationsfonds erhalten, das auf der Basis der App versucht, die nachstationäre Versorgung von Schlaganfallpatienten zu verbessern.

Eine App für die individuelle Neurotherapie kommt auch in der Schön Klinik Bad Staffelstein zum Einsatz. Die App „myReha“ ist zwar keine Eigenentwicklung, hat sich in der klinischen Praxis aber erfolgreich bewährt. Sie enthält auf die einzelnen Patient:innen individuell zugeschnittene, intelligente Therapiepläne, interaktive Sprachübungen, detaillierte Fortschrittsanalysen sowie weiterführende Übungen.

Kaia-COPD-App

Die Chronisch obstruktive Lungenerkrankung (COPD) gehört weltweit zu den häufigsten Todesursachen, allein in Deutschland gibt es schätzungsweise 6,8 Millionen Betroffene. Vielen COPD-Patient:innen könnte die Pulmonale Rehabilitation helfen, die aber wegen der geringen Anzahl von spezialisierten Einrichtungen nur einem Teil der Patient:innen zur Verfügung steht. Vor diesem Hintergrund hat A. Rembert Koczulla von der Schön Klinik Berchtesgadener Land ein neuartiges digitales Therapeutikum entwickelt: Die „Kaia-COPD-App“ basiert auf den Behandlungsempfehlungen der medizinischen Leitlinien und beinhaltet die Schlüsselelemente der Pulmonalen Rehabilitation, die den Patient:innen ortsunabhängig digital zur Verfügung gestellt werden. Dazu gehören unter anderem ein individuelles Therapieprogramm mit digitalem Bewegungscoach, angeleitete Trainingseinheiten, Atem- und Entspannungsübungen sowie Tipps und Infos zu der Erkrankung. Eine randomisierte kontrollierte Studie unter Beteiligung der Universität Marburg hat den Nutzen der App nach- gewiesen, die demnach alleinstehend als digitales Therapeutikum oder im Anschluss an eine stationäre Therapie genutzt werden kann. Aktuell läuft beim Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) die Beantragung, die Kaia- COPD-App als Digitale Gesundheitsanwendung (DiGA) zuzulassen, damit sie als Kassenleistung allen Betroffenen zur Verfügung gestellt werden kann.

Ausgezeichnete Innovationen

Für die Entwicklung und den Einsatz der innovativen Versorgungslösungen wurde die Schön Klinik Gruppe mehrfach ausgezeichnet. Für die Schön Kliniken sind die Auszeichnungen eine Bestätigung ihrer Strategie, Fachwissen und innovative Technologien zu kombinieren. Die dadurch erzielten positiven Versorgungseffekte nützen den Patient:innen ebenso wie den Kostenträgern. Zudem werden durch die orts- und tageszeitunabhängigen Angebote Wartezeiten verkürzt und die Versorgung in ländlichen Regionen verbessert.