Verbindliche Entscheidungen

Die DRV Bund hatte den gesetzlichen Auftrag, bis zum 30. Juni 2023 „Verbindliche Entscheidungen“ (VE) festzulegen, nach denen die Zulassungsanforderungen für medizinische Rehabilitationseinrichtungen, das Vergütungs- und Belegungssystem sowie die Veröffentlichung von Qualitätsdaten einheitlich, transparent, nachvollziehbar und diskriminierungsfrei definiert werden.

Trotz erheblicher Kritik der Leistungserbringerverbände an den Entwürfen der von der DRV Bund vorgelegten Verbindlichen Entscheidungen hat der Bundesvorstand der DRV am 25. Mai 2023 die endgültigen Versionen der umstrittenen Regelungen beschlossen. Seit dem 1. Juli 2023 sind sie in Kraft.

Das neue Belegungssystem und das Public Reporting befinden sich bereits in der Umsetzung. Während Anpassungen beim Public Reporting in einem Begleitgremium diskutiert und teilweise umgesetzt werden, bleibt das Belegungssystem für die Einrichtungen intransparent. Nach wie vor wird die Regelung angewandt, dass den Versicherten jeweils zwei eigene und zwei Vertragseinrichtungen vorgeschlagen werden. Diese Vorgehensweise beruht auf einem Beschluss des DRV-Bundesvorstands, der nicht veröffentlicht wird. Es ist nicht nachzuvollziehen, ob die genannten Einrichtungen, jene mit der höchsten Qualität sind und die Reihenfolge der Nennung nach Qualitätspunkten erfolgt. Bekannt ist nur, dass den Qualitätspunkten veraltete Daten zugrunde liegen, die die Qualität von vor zwei Jahren abbilden. Eine realitätsnahe Abbildung aktueller Versorgungssituationen ist so nicht gewährleistet. Zudem zeigen Auswertungen der DRV, dass die Reihenfolge der vorgeschlagenen Einrichtungen maßgeblich die Entscheidung der Versicherten beeinflusst.

Kritikwürdig bleibt auch die Berechnung der Wartezeiten. Diese wird anhand eigener Annahmen der Rentenversicherungen berechnet, ohne dass die Kliniken diese nachvollziehen, noch an die Realität anpassen können.

Das neue Vergütungssystem

Das geplante Vergütungssystem, das am 01. Januar 2026 zum Einsatz kommen soll, setzt sich zusammen aus einer einrichtungsübergreifenden und einer einrichtungsindividuellen Vergütungskomponente. Kernstück der einrichtungsübergreifenden Vergütungskomponente ist der sog. indikationsübergreifende Basissatz und dessen Bewertungsrelationen.

Der indikationsübergreifende Basissatz soll der Vergütung für eine Rehabilitationsleistung ohne einrichtungsspezifische und konzeptionelle Besonderheiten entsprechen. Die DRV Bund plant, den indikationsübergreifenden Basissatz und die Bewertungsrelationen auf Grundlage der Vergütungsdaten aus dem Jahr 2024 festzulegen. Die Vergütungsdaten der Vertragseinrichtungen stellen aber keine geeignete Grundlage für die Rehabilitationsleistung dar, denn die Rehabilitationsträger haben eine marktbeherrschende Stellung gegenüber den Leistungserbringern, da sie über die Belegung der Rehabilitationseinrichtungen entscheiden. Die aktuell geltenden Preise entsprechen somit nicht den Preisen, die sich bei einem freien Wettbewerb gebildet hätten.

Ein weiterer Streitpunkt ist die Tarifkomponente des neuen Vergütungssystems. Diese sieht vor, dass nur tarifgebundene Einrichtungen bzw. Einrichtungen, die einen Tarifvertrag vollständig übernehmen, von einer entsprechenden finanziellen Berücksichtigung profitieren. Die §§ 15 Abs. 3 SGB VI und 38 Abs. 2 SGB IX regeln, dass die Bezahlung tarifvertraglich vereinbarter Vergütungen sowie entsprechender Vergütungen nach kirchlichen Arbeitsrechtsregelungen nicht als unwirtschaftlich bei Vergütungsverhandlungen zwischen Rehabilitationsträgern und Leistungserbringern abgelehnt werden können. Diese Formulierung wird von der Rentenversicherung so ausgelegt, dass sie die Bezahlung von Vergütungen in gleicher Höhe, ohne dass ein Tarifvertrag zugrunde liegt, bei Vergütungsverhandlungen nicht gleichberechtigt beachten müssen. Dadurch entsteht eine Ungleichbehandlung, die die Existenz nicht tarifgebundener Rehabilitationseinrichtungen bedroht, ohne dass es dafür einen rechtfertigenden Grund gibt. Dabei besteht in Deutschland kein Tarifzwang, sondern das grundgesetzlich geschützte Recht der negativen Koalitionsfreiheit. Die Formulierung muss deshalb an die Formulierung im § 111 Abs. 5 SGB V angepasst werden.

Besonders kritisch ist zudem, dass die DRV Bund bislang keine Konvergenzphase zur Einführung des neuen Systems vorsieht. Die Reha-Einrichtungen erhalten somit von einem Tag auf den anderen einen anderen Vergütungssatz, ohne dass sich die Leistung verändert hätte. Dies führt zu erheblichen Risiken und Unsicherheiten für die Kliniken, insbesondere sofern sie ab dem 01. Januar 2026 einen niedrigeren Vergütungssatz erhalten. Wie hoch der Vergütungssatz ab 2026 sein wird, verhandeln die Kliniken erst ab Mitte 2025, so dass überhaupt keine Planungszeit verbleibt.