Deutschlands Krankenhäuser stecken in der Krise fest: Insolvenzen bleiben für sie das bestimmende Thema. Die Deutsche Krankenhausgesellschaft schätzt die aufgelaufenen Defizite für Krankenhäuser auf mittlerweile 10 Milliarden Euro. Im Jahr 2023 wurden rund 40 Krankenhaus-Insolvenzen verzeichnet. Diese Zahl dürfte 2024 deutlich überschritten werden. Krankenhausinsolvenzen waren erstmals Thema beim Deutschen Insolvenzrechtstag im März 2024. Abenteuerlich hoch ist auch die Summe der Ausgleichszahlungen der kommunalen Träger für ihre kommunalen Krankenhäuser. Mehr als eine Milliarde Euro aus Steuermitteln dürften im Jahr 2023 zusätzlich an kommunale Krankenhäuser geflossen sein. Geld, das den Bürgerinnen und Bürgern für Schulen, Kitas und den ÖPNV fehlt. Geld, das private und freigemeinnützige Krankenhausträger nicht erhalten. Sie schauen verwundert in die Röhre, denn sie erhalten keine finanziellen Hilfen von Bund und Ländern. Eine Wettbewerbsverzerrung sondergleichen. Viel düsterer kann ein Ausblick nicht sein. Die Ursache ist schnell und einfach beschrieben: Drei Jahre inflationsbedingte Preissteigerung, 14 Prozent Fallzahlrückgang – und das alles ohne finanziellen Ausgleich. So führt die Politik die Krankenhäuser bewusst an den wirtschaftlichen Abgrund. Diese Entwicklung ist nicht einfach schicksalshaft vom Himmel gefallen, sondern die Folge politischer Entscheidungen über Jahrzehnte. Da helfen auch nicht die gegenseitigen Schuldzuweisungen zwischen Bund und Ländern, wer denn nun an diesem Dilemma welchen Anteil hat. Für die Betriebskostenfinanzierung tragen die jeweiligen Bundesgesundheitsminister Verantwortung. Die Entwicklung der Entscheidungen lassen sich in der folgenden Tabelle ablesen.
Der zuständige Minister redet seit mehr als einem Jahr darüber, dass man es mit der Ökonomisierung zu weit getrieben habe. Er arbeite deshalb Tag und Nacht an der Rettung der Krankenhäuser. Irgendwie kommt dort aber nichts Hilfreiches an. Was sagt das aus über die Effizienz des Ministers – oder zumindest über seine Aufrichtigkeit? Was sagt das aus über einen Minister, der die Entökonomisierung verspricht und durch Nichtstun verantwortet, dass sich die desaströse ökonomische Lage immer weiter zuspitzt. Es bleiben leere Versprechungen zu einer Krankenhausreform, die keine Instrumente beinhaltet, welche die bestehenden Probleme lösen könnten. Das Versprechen des Ministers lautet, dass es für die besser werden könnte, die überleben.
Was bleibt den Krankenhausträgern? Sie müssen auf ihre unternehmerische Eigenverantwortung bauen! Sie müssen dringend die Kosten des vom Gesetzgeber mit immer mehr Anforderungen und Kosten aufgeblasenen Systems reduzieren. Behandlungsangebote, die sich nicht rechnen, müssen in Frage gestellt werden. Logischerweise wird es zu Einschnitten für die Patientinnen und Patienten kommen. Nicht nur in der Form, dass an einzelnen Krankenhausstandorten Leistungsangebote verschwinden, sondern auch in der Form, dass die Wartezeiten für Behandlungen an den verbleibenden Krankenhausstandorten für die Patientinnen und Patienten länger werden.
Natürlich stellt sich auch die Frage, welche Wirkungen mit den Instrumenten der geplanten Krankenhausreform erreicht werden?
Leistungsgruppen: Diese sind grundsätzlich geeignet, die Krankenhausplanung nach einheitlichen Anforderungen vornehmen zu können. Eine einheitliche „Sprache der Krankenhausplanung“ in allen Bundesländern. Minister Lauterbach möchte aber mit den Leistungsgruppen einen Schritt weitergehen. Er möchte auch die Finanzierung der Leistungen daran knüpfen. Regionale Besonderheiten dürfen allenfalls übergangsweise von den Anforderungen der Leistungsgruppen abweichen. Damit wird de facto die Krankenhausplanung der Länder ad absurdum geführt. Es wäre nämlich dann egal, ob ein Bundesland an einem Standort ein bestimmtes Leistungsangebot planerisch vorsieht, wenn der Bund die Finanzierung der Leistung ausschließt. Eine weitere große Gefahr besteht darin, dass die Arbeitsgemeinschaft der wissenschaftlichen medizinischen Fachgesellschaften wünschenswerte, aber in der Praxis nicht erfüllbare personelle und strukturelle Anforderungen an die Leistungsgruppen definiert. Dann entstünde ein theoretisch sehr gutes Versorgungssystem, das allerdings in der Praxis für die Patienten nicht erreichbar ist.
Vorhaltepauschalen: Diese sollen die Leistungserbringung weiterhin entökonomisieren und die Krankenhäuser unabhängig von dem Zwang machen, möglichst viele Leistungsfälle erbringen und abrechnen zu wollen. Ein guter theoretischer Gedanke, der allerdings in der Praxis Widersprüche offenbart, weil die Umsetzung der Vorhaltepauschalen wiederum auf Fallzahlen basiert. Kurz gefasst bleibt die Erlössituation des Krankenhauses unverändert, wenn auch seine Fallzahlen unverändert bleiben. Steigt die Fallzahl, weil beispielsweise im Umfeld andere Krankenhäuser schließen, bleibt die Vorhaltepauschale bis zum Schwellenwert von +20 Prozent unverändert. Das Krankenhaus hätte also mehr Patientinnen und Patienten zu versorgen, würde aber nur einen Teil der ansonsten üblichen DRG-Vergütung erhalten. Ökonomisch sinnvoll ist für das Krankenhaus die Variante sinkender Fallzahlen. In diesem Fall würde ebenfalls das Krankenhaus eine feststehende Vorhaltepauschale erhalten, die auf Patientenzahlen basiert, die gar nicht mehr erreicht werden. Vorhaltepauschalen setzen also den Anreiz, möglichst weniger Patienten zu versorgen. Ein Instrument also, mit dem zu Wartezeiten auf Behandlung angereizt wird.
Neu im gerade vorgelegten Referentenentwurf des Krankenhausversorgungs- und Verbesserungsgesetzes ist das Instrument der Mindestvorhaltezahlen. Damit soll eine Art Mindestmenge für Leistungen bestimmter Leistungsgruppen definiert werden. Krankenhäuser, die zwar einen Versorgungsauftrag laut Krankenhausplan haben, sollen die Leistungen erbringen, erhalten aber kein Geld, wenn die entsprechende Mindestvorhaltezahl nicht dauerhaft erreicht wird. Das ist ein drastischer Eingriff in die Krankenhausstrukturen und wird dazu führen, dass eine beträchtliche Anzahl, insbesondere kleiner Krankenhäuser aufgrund willkürlicher normativer Vorgaben aus einzelnen Versorgungsbereichen ausscheiden wird.
Krankenhaus-Level: Am 22. März 2024 hat der Bundesrat dem Krankenhaustransparenzgesetz zugestimmt. Dort sind die Krankenhauslevel verankert, die die Regierungskommission in ihrem 3. Bericht für eine moderne und bedarfsgerechte Krankenhausversorgung vorgeschlagen hat. Merkmal für die Einordnung in ein bestimmtes Krankenhaus-Level ist die Anzahl der verschiedenen Fachabteilungen und die Zahl der dort tätigen Ärzte. Die Empfehlung der Kommission lautete, Leistungsgruppen nur dann zu bezahlen, wenn sie von Krankenhäusern in einem definierten Krankenhauslevel erbracht werden. Es muss vermutet werden, dass der Minister diese Kombination von Leistungsgruppen und Krankenhaus-Leveln zu einem späteren Zeitpunkt einführt. Dann würde nur das BMG entscheiden, welche Leistungen bezahlt werden. Die Krankenhausplanung der Länder wäre damit sinnlos.
Zu den weiteren Vorschlägen der Krankenhausreform hat sich der BDPK dezidiert geäußert und in die Debatte eingebracht. Allerdings besteht nur wenig Hoffnung, dass die aktuelle Bundesregierung auf diese konstruktiven Vorschläge eingeht. Vielmehr besteht der Verdacht, dass die Reformvorschläge der Regierungskommission in ihrem 3. Bericht über unterschiedliche Gesetzgebungsverfahren in Verbindung mit der Möglichkeit, weitere relevante Regelungen über Rechtsverordnungen in Kraft setzen zu können, eins zu eins umgesetzt werden sollen.
Fazit: Eine derart deutliche Verknappung der Behandlungsangebote verstärkt nach Auffassung des BDPK die Gefahr von Wartezeiten für die Patientinnen und Patienten. Auf diese Wartezeiten folgen in der Regel Angebote für Privatversicherte und Selbstzahler. Die gesetzlich Versicherten könnten einmal mehr die Verlierer dieser planwirtschaftlichen Reform werden.
Medizinische Rehabilitation
Die Einrichtungen der medizinischen Rehabilitation sind vergleichsweise gut durch die Zeit der nun schwächer werdenden Inflation gekommen. Dies ist vor allem dem verantwortungsvollen Handeln der Deutschen Rentenversicherung mit dem weitgehenden Ausgleich der Preissteigerungsrate zu verdanken. Dennoch steht auch die medizinische Rehabilitation vor erheblichen Herausforderungen: Zu nennen sind die neuen Grundlagen für die medizinische Rehabilitation in der gesetzlichen Renten- und Krankenversicherung.
Sowohl in der Kranken- als auch in der Rentenversicherung sollen verbindliche und einheitliche Grundlagen für die Leistungserbringung definiert werden. Leider dominiert dabei nicht die Frage, wie die Rehabilitation für einen steigenden Reha-Bedarf und einen starken Fachkräftemangel fit gemacht werden kann. Vielmehr werden die altbekannten bürokratischen Regularien durch kleinteilige Strukturanforderungen und Vertrags- und Meldepflichten festgeschrieben. Der Innovation und der notwendigen Weiterentwicklung der Rehabilitation wird dadurch ein Riegel vorgeschoben. So stehen bei beiden Rehabilitationsträgern Kontroll- und Meldepflichten oben an. Wenig bis keinen Raum haben die drängenden Zukunftsfragen zur Sicherung des Rehabilitationsangebotes in Zeiten des Fachkräftemangels, des steigenden Versorgungsbedarfs im Zuge der demografischen Entwicklung oder der immer stärker fortschreitenden Digitalisierung. Neue Berufsbilder, verbesserte Organisation, Arbeitsteilung und medizinischer Fortschritt spielen leider nur eine untergeordnete Rolle. Stattdessen wird so getan, als sei die Rehabilitation allein durch das Zählen von Mitarbeiterköpfen in den Rehabilitationseinrichtungen zukunftsfit zu machen.
Leider gibt es auch keine Entfesselung der Reha-Potenziale durch einen vereinfachten Reha-Zugang. Noch immer dominieren bürokratische Anträge und Bedarfseinschätzungen durch die zuständigen Reha-Träger die Frage, ob die Patientin bzw. der Patient eine Reha bekommt oder nicht. Die eigentlich immer wichtiger werdenden Grundsätze des Sozialrechts „Reha vor Rente“ und „Reha vor Pflege“ kommen keinen Millimeter voran.