Das KHVVG korrigieren!
Das Krankenhausversorgungsverbesserungsgesetz (KHVVG) wird die stationäre Versorgung in Deutschland nicht verbessern. Nachdem auch der Bundesrat die große Chance vertan hat, die groben handwerklichen Fehler des KHVVG zu beseitigen, werden die notwendigen Korrekturen nun eine vordringliche Aufgabe der neuen Bundesregierung sein müssen. Der BDPK macht dazu konkrete Vorschläge.
Das vom Bundestag beschlossene und vom Bundesrat gebilligte KHVVG lässt wesentliche Forderungen der Bundesländer und der Krankenhäuser unberücksichtigt. Besonders dringlichen Korrekturbedarf sieht der Bundesverband Deutscher Privatkliniken in folgenden Bereichen:
Krankenhauslandschaft finanziell stabilisieren
Entgegen der Forderungen aller Bundesländer und der Zusagen von Bundesminister Lauterbach zur finanziellen Unterstützung der Krankenhäuser ist im KHVVG kein Ausgleich der Inflationsbelastungen der Jahre 2023 und 2024 vorgesehen. Diese finanzielle Brücke brauchen die Krankenhäuser jedoch dringend bis die Reform greift. Ohne den Inflationsausgleich bewirkt das KHVVG einen Abbau von Klinikstandorten mit der Brechstange. Viele Krankenhäuser in ländlichen Regionen werden in die Insolvenz getrieben, müssen schließen oder ihre Kapazitäten abbauen, obwohl sie für die Versorgung wichtig sind. Selbst wenn eine Insolvenz nicht immer die sofortige Schließung bedeutet, ist sie für die Krankenhäuser das Schlimmste: Patient:nnen und Mitarbeitende werden verunsichert, Dienstleister ziehen sich zurück und Kreditinstitute verlieren das Vertrauen.
Deshalb fordern wir:
► Im KHVVG muss geregelt werden, dass die Krankenhäuser mit dem Inkrafttreten des KHVVG einen Inflationsausgleich erhalten, damit die Krankenhauslandschaft stabilisiert wird.
Vorhaltefinanzierung wirksam ausformen
Die im KHVVG vorgesehene Vorhaltepauschale ist nicht dazu geeignet, die Grundversorgungskrankenhäuser in den ländlichen Regionen zu stabilisieren und sie wird auch nicht die Konzentration hochspezialisierter Behandlungen in Zentren fördern. Denn es sollen weiterhin 40 Prozent der Vergütung über die tatsächlich erbrachten Fälle abgerechnet werden und 60 Prozent pauschal als Vorhaltevergütung. Doch auch dieser pauschale Anteil ist an die in der Vergangenheit erreichte Zahl der pro Leistungsgruppe versorgten Patient:innen geknüpft. Sie ist also keineswegs fallzahlunabhängig! So wird es zu neuen Fehlanreizen und der Gefahr von Wartelistenmedizin kommen, weil die Krankenhäuser motiviert werden, weniger Patient:innen zu behandeln.
Außerdem soll einem Krankenhaus, das die sogenannte Mindestvorhaltezahl an Behandlungen nicht erreicht, die pauschale Vorfinanzierung vollständig entzogen werden kann. Die Mindestvorhaltezahlen sind eine willkürlich vom BMG gegriffene Zahl, ohne Evidenz und Fundierung. Spätestens an diesem Punkt wird deutlich, dass die Vorhaltepauschale alles andere als fallzahlunabhängig ist. Die Regelungen widersprechen sich sogar.
Deshalb fordern wir:
► Das Überleben von notwendigen Kliniken mit geringen Fallzahlen sollte dadurch gesichert werden, dass die Vorhaltevergütung mit der Sicherstellung notwendiger, aber derzeit defizitär betriebener Behandlungsangebote verknüpft wird. Also: Volle Finanzierung der Betriebs- und Investitionskosten entweder von bedarfsnotwendigen Leistungsgruppen (z. B. Notaufnahme, Notfallambulanz/INZ, Geburtshilfeabteilung, Intensivstation) oder von Krankenhäusern in ländlichen Regionen (entsprechend dem System des Sicherstellungszuschlags). Die Mindestvorhaltezahlen sollten aus dem Gesetz gestrichen werden.
Planungshoheit der Länder erhalten
Den Bundesländern wird durch das KHVVG die Planungshoheit für die Krankenhausplanung genommen. Denn ob Krankenhäuser eine Betriebskostenfinanzierung durch die Krankenkassen erhalten, richtet sich laut aktueller Fassung des KHVVG allein nach den auf Bundesebene festgelegten Anforderungen an die Leistungsgruppen. Diese Regelung in § 8 Abs. 4 KHEntgG stellt ab dem 01.01.2027 den bisher geltenden Grundsatz der Planungshoheit der Bundesländer infrage. Zwar können die Planungsbehörden die Entscheidung treffen, dass aus Gründen der Versorgungssicherheit bestimmte Leistungsgruppen an einem bestimmten Standort vorgehalten werden müssen, wenn diese Strukturen dann aber nicht den Vorgaben im Leistungsgruppenverzeichnis entsprechen, werden die Leistungen nicht mehr von den Krankenkassen bezahlt. Die Planungsentscheidung der Planungsbehörde muss auch die Finanzierung der Leistungen durch die Krankenkassen gewährleisten.
Deshalb fordern wir:
► Um sicherzustellen, dass die Bundesländer bei der Krankenhausplanung die bedarfsgerechte Versorgung der Bevölkerung sicherstellen können, muss im KHVVG festgelegt werden, dass die Entscheidung der Planungsbehörden die Grundlage zur Finanzierung der Leistungen durch die Krankenkassen bleibt. Die Qualitätsvorgaben der Leistungsgruppen dürtfen deshalb für die Planungsbehörden nur Empfehlungscharakter haben.
Fachklinische Versorgung sichern
In der vom Bundestag beschlossenen KHVVG-Fassung ist auch eine generelle Kooperationsmöglichkeit für Fachkrankenhäuser bei der Vorhaltung der verwandten Leistungsgruppen vorgesehen. Diese Regelung ist sinnvoll, da sie der Spezialisierung von Fachkrankenhäusern Rechnung trägt.
Allerdings kann sie nach dem aktuellen Gesetzentwurf nicht auf alle Fachkrankenhäuser angewendet werden, da das KHVVG auch eine neue Definition von Fachkrankenhäusern vorsieht. Nach dieser Definition gilt ein Krankenhaus als Fachkrankenhaus, wenn es mindestens 80 Prozent der Fälle in maximal vier Leistungsgruppen erbringt. Es wurde jedoch nicht berücksichtigt, dass es viele Spezialisierungsgebiete gibt, in denen sich die Fälle auf mehr als vier Leistungsgruppen verteilen. Dies ist beispielsweise im Bereich der Orthopädie der Fall. Allein für die Endoprothetik und Revisionen sind vier verschiedene Leistungsgruppen vorgesehen. Orthopädische Fachkrankenhäuser, die darüber hinaus beispielsweise Wirbelsäulenbehandlungen anbieten, dürften nach dem aktuellen Definitionsvorschlag nicht mehr als Fachkrankenhaus eingestuft werden. Dies würde für viele orthopädische Fachkrankenhäuser in Deutschland faktisch zu einem Leistungsverbot führen, was nicht im Sinne des Gesetzgebers sein dürfte. Die Problematik wurde bereits bei der Formulierung des Gesetzestextes in der Kardiologie erkannt. Dort wurde formuliert, dass die fachklinischen kardiologischen Leistungen als eine Leistungsgruppe gelten.
Deshalb fordern wir:
► Dass die Bundesländer weiterhin im Rahmen der Krankenhausplanung über die Zuteilung des „Levels F – Fachklinik“ entscheiden können. Die Formulierungen in § 135d SGB V sollten empfehlenden Charakter haben und die Länder in ihrer Entscheidung frei sein.
Zur Entscheidung des Bundesrates am 22.11.2024, das KHVVG ohne Anrufung des Vermittlungsausschusses in Kraft treten zu lassen, hat der BDPK eine Pressemitteilung herausgegeben.