BDPK-Eckpunktepapier für die aktuelle Krankenhausreform
Aus dem Koalitionsvertrag:
„Mit einem Bund-Länder-Pakt bringen wir die nötigen Reformen für eine moderne und bedarfsgerechte Krankenhausversorgung auf den Weg. Eine kurzfristig eingesetzte Regierungskommission wird hierzu Empfehlungen vorlegen und insbesondere Leitplanken für eine auf Leistungsgruppen und Versorgungsstufen basierende und sich an Kriterien wie der Erreichbarkeit und der demographischen Entwicklung orientierende Krankenhausplanung erarbeiten. Sie legt Empfehlungen für eine Weiterentwicklung der Krankenhausfinanzierung vor, die das bisherige System um ein nach Versorgungsstufen (Primär-, Grund-, Regel-, Maximalversorgung, Uniklinika) differenziertes System erlösunabhängiger Vorhaltepauschalen ergänzt. Kurzfristig sorgen wir für eine bedarfsgerechte auskömmliche Finanzierung für die Pädiatrie, Notfallversorgung und Geburtshilfe.“
Positionen und Vorschläge des BDPK
I. Ambulante Öffnung von Krankenhäusern und Erweiterung regionaler Spielräume vorantreiben
Die vorgesehene Neustrukturierung der Krankenhausplanung ist eine Chance, die notwendige Verzahnung der ambulanten und stationären Versorgung zu verbessern sowie ggf. notwendige Strukturbereinigungen in der stationären Versorgung einzuleiten. Ein solches Konzept muss folgenden Herausforderungen gerecht werden:
- Dem Fachkräftemangel.
- Der demografische Entwicklung, die zu mehr älteren und versorgungsbedürftigen Patienten in Deutschland führen wird, die von immer weniger medizinischen und pflegerischen Fachkräften versorgt werden müssen.
- Die Gleichheit der Versorgungsqualität (hier: Gesundheitsversorgung) in ländlichen und urbanen Räumen.
- Die Abschaffung der Sektorengrenze zwischen ambulanter und stationärer Versorgung
- Dem Abbau von Unter- und Überversorgung in der stationären Versorgung.
- Der Berücksichtigung von Krankenhäusern jeder Größe. Hierbei sind insbesondere auch die Leistungen von Spezialversorgern zu berücksichtigen, welche Maximalversorger entlasten und durch Spezialisierung hohe Qualität erbringen.
- Der Prozess der Krankenhausplanung muss unter Berücksichtigung der Qualität der erbrachten Leistungen erfolgen. Nur so lässt sich das Gebot der Trägerpluralität aus § 1 des KHG diskriminierungsfrei umsetzen. Wann immer möglich, muss Ergebnisqualität, die Grundlage für die Messung des Behandlungserfolgs sein. Die derzeitige Praxis, Qualität vor allem durch die Vorgabe von gesetzten Strukturqualitätsmerkmalen zu definieren, wird dem Ziel wirklicher Qualitätsverbesserung nicht gerecht.
Krankenhausstandorte, die auch unter optimaler Nutzung von Digitalisierung und Tele-Medizin nicht mehr bedarfsnotwendig sind, sollen zu ambulanten Versorgungseinrichtungen (MVZ, Gesundheitszentrum o. ä.) weiterentwickelt werden. Dafür sind die finanziellen Mittel aus dem Strukturfonds für die Umstrukturierung bereitzustellen. Sie erhalten darüber hinaus eine umfassende Zulassung für die ambulante Versorgung.
Daneben gibt es zukünftig gemeinsame Versorgungsbereiche zwischen Krankenhäusern und dem niedergelassenen Bereich, die über den AOP-Katalog und/oder Hybrid-DRG definiert werden. Die untere Grenzverweildauer im DRG-Katalog sollte gestrichen werden.
II. Versorgungsstufen
Die Versorgungsstufen und deren inhaltliche Anforderungen werden bundeseinheitlich, durch gesetzgeberische Vorgabe festgelegt. Eine Delegation an die interessengesteuerte Selbstverwaltung von Krankenkassen und Krankenhäusern (G-BA), kann nicht erfolgen.
BDPK-Vorschlag für Versorgungsstufen:
- Ambulante Versorgungszentren an nicht mehr bedarfsnotwendigen Krankenhäusern (z. B. umgewandelte ländliche oder städtische Versorger). Ergänzt durch die Kooperation und die telemedizinische Anbindung an ein Krankenhaus einer höheren Versorgungsstufe.
- Krankenhaus der Basisversorgung: ambulante, teilstationäre und stationäre Basisversorgung. Voraussetzung ist die Kooperation und die telemedizinische Anbindung an ein Krankenhaus einer höheren Versorgungstufe.
- Krankenhaus der Schwerpunktversorgung: mehr als vier Fachabteilungen, 24h Verfügbarkeit Intensivstation, Einheit für Schlaganfallversorgung, CT, MRT, Labordiagnostik, Kooperation und die telemedizinische Anbindung an ein Krankenhaus einer höheren Versorgungsstufe
- Spezialversorgung: ausgewiesene Spezialkliniken auch belegärztliche Versorgung, z. B. Herzzentren (Herzchirurgie und Kardiologie), Neurologische Frühreha der Phasen B, Diabetologie, konservative Orthopädie, Geriatrie, Handchirurgie, Schmerztherapie, Brandverletzte, Endoprothetik, Augenheilkunde, Kinder- und Jugendliche)
- Maximalversorgung: mehr als neun Fachabteilungen, 24h Verfügbarkeit Intensivstation, Linksherzkatheter, Stroke Unit, CT, MRT, Labordiagnostik, überregionale Bedeutung
- Universitäre Versorgung (wie Maximalversorgung, zusätzliche Aufgaben in Forschung/Lehre)
Es gelten folgende Prinzipien:
- Spezialisierung dient der Qualitätsverbesserung. Dies gilt unabhängig von der Größe des Krankenhauses.
- Die Krankenhäuser unterer Versorgungsstufen vernetzen sich telemedizinisch und/oder kooperativ mit einem Krankenhaus der nächsthöheren Versorgungsstufe
(z. B. Basisversorger vernetzen sich mit einem Schwerpunktversorger; Schwerpunktversorger vernetzen sich mit einem Spezialversorger oder Maximalversorger). Dadurch steht Patient:innen mit komplexen Erkrankungen schnell zusätzliche medizinische Kompetenz zur Verfügung. - Bundeseinheitliche Definition von Versorgungsstufen als Grundlage für die Krankenhausplanung der Länder.
- Die Vergütung erfolgt unabhängig von der Versorgungsstufe (keine Abschläge für die Leistungserbringung in einer niedrigeren Versorgungsstufe).
III. Vorhaltepauschalen
Das DRG-System soll um die Finanzierung erlösunabhängiger Vorhaltekosten ergänzt werden. Es gilt eine Balance zu finden, zwischen überzogenen Wettbewerbsdruck und qualitätsfeindlicher Subventionierung.
Eine pauschale und patientenunabhängige Finanzierung soll genutzt werden um
- Leistungseinheiten im Krankenhaus zu sichern, die für die Versorgung der Bevölkerung bedarfsnotwendig sind, im Fallpauschalensystem aber wegen schwankender Leistungsmengen strukturell unterfinanziert sind (z. B. Notaufnahme, Isolierstation, Intensivstation, Station für Brandverletzte oder Geburtshilfe)
- Krankenhäuser zu sichern, die durch ihre Lage (z. B. Inselkrankenhäuser, ländliche Versorger) für die Versorgung der Bevölkerung notwendig sind, jedoch aufgrund des geringen Versorgungsbedarf durch Fallpauschalen nicht kostendeckend finanzierbar sind (Weiterentwicklung Sicherstellungszuschläge).
Vorhaltefinanzierung in beiden Bereichen darf nicht zu Lasten der Qualität gehen. Dies wäre dann der Fall, wenn lediglich vorgehaltene Personalstrukturen nachgewiesen werden. Die zur Verfügung gestellten Mittel sollten pauschal und ohne bürokratische Nachweise zur Verfügung gestellt werden und Qualitätsindikatoren parallel konsequent weiterentwickelt werden.
Erlösunabhängige Vorhaltepauschalen
Es werden klar abgegrenzte Leistungseinheiten definiert und gesetzlich festgelegt, in denen Vorhaltefinanzierung zur Anwendung kommen soll. Dies sind Versorgungsbereiche, die im bestehenden Fallpauschalensystem nicht ausreichend finanziert sind. Der Koalitionsvertrag nennt die Pädiatrie, die Notfallversorgung und die Geburtshilfe. Die Leistungsbereiche können um weitere ergänzt werden (z. B. Isolierstation, Intensivstation, Station Brandverletzte). Erlösunabhängige Vorhaltung ist besonders in Bereichen sinnvoll, die vorgehalten werden müssen ohne kontinuierlich ausgelastet zu sein (z. B. Katastrophenschutz, Pandemievorsorge). Es muss klar sein, dass die politische Entscheidung Vorhaltung patientenunabhängig zu finanzieren zusätzliche Finanzmittel erfordern wird. Eine Finanzierung durch Umverteilung zwischen den Krankenhäusern kann nicht funktionieren, weil die DRG sehr wahrscheinlich rechnerisch um die zu definierenden Vorhaltekosten abgesenkt werden.
Sicherstellungszuschläge weiterentwickeln
Für die Erhalt bedarfsnotwendiger Krankenhäuser vor allem in ländlichen Regionen sollen die Sicherstellungszuschläge weiterentwickelt werden. Kriterien für die Berechtigung von Zuschlägen werden auf Bundesebene definiert (z. B. Entfernung, Erreichbarkeit, Bevölkerungsdichte, Altersstruktur etc.). Die Regelung in § 5 Abs. 2 KHEntgG, nach der ein Defizit in der Bilanz des Krankenhauses im Vorjahr Voraussetzung für einen Sicherstellungszuschlag ist, ist zu streichen.
Das Eckpunkte-Papier (4 Seiten) können Sie auch als PDF herunterladen.