Reha-Vergütung

Unsicherheit statt Transparenz

Die Vergütungssätze der Rentenversicherung für Reha-Einrichtungen sollen zukünftig aus zwei Komponenten bestehen. Eine ist die sogenannte „einrichtungsspezifische Komponente“. Die dafür vorgesehenen Kriterien und Verfahren bewerten die Reha-Einrichtungen sehr skeptisch.

Das neue Vergütungsverfahren soll ab dem 1. Januar 2026 gelten und ist Teil der „Verbindlichen Entscheidungen“ (VE) der Deutschen Rentenversicherung (DRV). Der Gesetzgeber hatte der DRV den Auftrag erteilt, mit den VE unter anderem für ein verbindliches, transparentes, nachvollziehbares und diskriminierungsfreies Vergütungssystem zu sorgen. Dafür laufen derzeit die Vorarbeiten und die DRV führt unter den Rehabilitationseinrichtungen eine Erhebung zur einrichtungsspezifischen Komponente durch. Die in der AG MedReha vertretenen Leistungserbringerverbände, darunter auch der BDPK, bewerten den Versuch, die individuellen Bedingungen der Einrichtungen hinsichtlich ihrer Ausgabenstruktur zu untersuchen, grundsätzlich zwar positiv. In einem an die DRV gerichteten Schreiben kritisieren sie jedoch das System und wesentliche Inhalte der Befragung.

Bemängelt wird vor allem, dass bislang keine Transparenz darüber geschaffen wurde, wie und mit welcher Gewichtung die jetzt abgefragten Kriterien in die einrichtungsspezifische Vergütungskomponente einfließen sollen. Unklar ist außerdem, ob die bisher bestehenden Vergütungssätze und bislang berücksichtigte Aufwendungen auch im zukünftigen System abgebildet werden können. Zur Verunsicherung unter den Reha-Einrichtungen führt weiterhin, dass die Gewichtung der beiden vorgesehenen Vergütungskomponenten noch völlig unklar ist und es besteht die Befürchtung, dass eine Festlegung ohne Beteiligung der Einrichtungen und ihrer Interessenvertreter erfolgen könnte.

Problematisch ist aus Sicht der AG MedReha auch die Kalkulation der Personalkosten, da in der Abfrage wesentliche Berufsgruppen fehlen, wie die therapeutischen Berufe der Logopädie und der Ergotherapie sowie der Querschnittsbereiche. Der BDPK beanstandet zudem, dass nur diejenigen Rehabilitationseinrichtungen Anspruch auf Vergütung der Personalkosten haben sollen, die sich aus tarifvertraglich vereinbarter Vergütung ergeben. Rund die Hälfte aller Reha-Einrichtungen würde dann die Personalkosten nur teilweise vergütet bekommen, da sie nicht über eigene Tarifverträge verfügen, sondern diese in Bezugnahme anwenden. Deutliche Kritik am bisherigen Verfahren üben auch BDPK-Vorstandsmitglieder als Vertreter von Reha-Einrichtungen:

 

Georg Freund, Geschäftsführender Gesellschafter Reha-Kliniken Küppelsmühle GmbH & Co. KG:
„Der Gesetzgeber hat der DRV Bund die Aufgabe gegeben, ein transparentes Vergütungssystem zu schaffen. Auf dem imaginären Schieberegler für Transparenz hat die DRV für sich gefühlt die Stufe 100 Prozent erreicht, was sich aber für die Leistungserbringer wohl eher wie 30 Prozent anfühlt. Noch immer haben wir keinen direkten Einblick in die Algorithmen für Wartezeit, Qualität, Einrichtungsauswahl und wissen nicht, wie sich der Preis berechnet. Da wurde bei der DRV wohl transparent mit transluzent verwechselt.“

Joachim Ramming, Vorstandsvorsitzender Mediclin AG:
„Leistungserbringer werden nach ihren Leistungen bezahlt. Unternehmerisch zu handeln, ist das Herzstück privatwirtschaftlicher Klinikbetreiber. Die individuelle Ermittlung einrichtungsspezifischer Besonderheiten geht in die richtige Richtung und verspricht, mehr Gerechtigkeit abzubilden. Mit Verhandlungen, die sich ausschließlich um einen höheren Basissatz für alle drehen, würden wir unser Selbstverständnis als Leistungsträger nicht unterstreichen. Wir wollen kein Gießkannenprinzip. Unternehmerische Verantwortung übernehmen kann aber nur der, der alle Fakten kennt. Diese Transparenz fehlt bislang bei der Bewertung einrichtungsspezifischer Behandlungsschwerpunkte und Besonderheiten sowie ihrer generellen Gewichtung im gesamten Vergütungssatz. Erst wenn die Referenzwerte für durchschnittliche Kosten sowie die Kalkulationssystematik offengelegt werden, können wir gemeinsam und ergebnisoffen über eine gerechte leistungsadäquate Vergütungskonzeption sprechen.“

Ellio Schneider, Geschäftsführer der Waldburg-Zeil Kliniken, Isny-Neutrauchburg:
„Wenn Reha-Einrichtungen ohne Tarifvertrag zukünftig weniger Geld bekommen, ist das ein Tarifzwang durch die Hintertür. Vermutlich haben das die Gewerkschaftsvertreter im Vorstand und der Vertreterversammlung der DRV durchgesetzt. Solche Eingriffe in die Tarifautonomie sind schädlich, denn eine von oben verordnete Tarifbindung wäre ein Systemwechsel, der die Legitimität von Tarifautonomie infrage stellt. Noch gravierender ist, dass im Ergebnis bei rund der Hälfte aller Reha-Einrichtungen die Personalkosten nicht mehr über das Vergütungssystem erstattet würden. Dann wären die Kliniken innerhalb kürzester Zeit insolvent. Dass es anders geht, hat des BMG für die Reha in der GKV bewiesen: Die dortige Regelung für die Preisbildung verlangt nicht den eigenen Tarifvertrag, sondern definiert die Personalkosten bis zur Höhe geltender Tarifverträge als vergütungssatzfähig.“