Bürokratieabbau
„Den Wahnsinn stoppen“
Trotz zahlreicher politischer Bekenntnisse gibt es bislang keine wirksamen Maßnahmen, unnötige Bürokratie zu vermindern. Im Gegenteil: Auch die neuen und angekündigten Gesetze führen in den Krankenhäusern und Reha-/Vorsorgeeinrichtungen zu unzumutbaren Belastungen.
Deutschland ist eine Bürokratienation. Obwohl die Politik seit Jahrzehnten verspricht, Bürokratie abzubauen, kommt der Nationale Normenkontrollrat zu dem Schluss: So schlimm wie jetzt war es noch nie! Die Bürokratiekosten in Deutschland haben einen Höchststand erreicht, Bürger verzweifeln an widersinnigen Vorgaben, Unternehmer wissen nicht, wie sie Zusatzkosten noch stemmen sollen. Und die Auflagen nehmen in allen Branchen immer weiter zu.
Dabei ist der Bürokratieabbau keine unlösbare Aufgabe. Für die Krankenhäuser hat die Deutsche Krankenhausgesellschaft (DKG) vielfach konkrete Vorschläge für weniger Bürokratie gemacht, zuletzt im August 2024 mit einer DKI- Blitzumfrage und 55 praktischen Beispielen. Darin sind auch Maßnahmen enthalten, die der BDPK im Oktober vergangenen Jahres in einer umfangreichen Vorschlagsliste zusammengestellt und der Politik zur Verfügung gestellt hatte. Umgesetzt wurde von alledem bisher nichts.
Drei Beispiele aus der Praxis
Dass eine radikale Entbürokratisierung dringend nötig ist, hat der BDPK in den vergangenen Jahren immer wieder deutlich gemacht. Es beginnt schon bei der Patientenaufnahme: Nach wie vor müssen alle Patient:innen eine Vielzahl von Unterlagen sichten und unterzeichnen (wie Behandlungsvertrag mit Allgemeinen Vertragsbedingungen, Einverständniserklärung zur Veröffentlichung von Gesundheitsinformationen, Datenschutzerklärungen, finanzielle Verantwortungserklärung, Haftungsausschlüsse). Alle Unterlagen werden in der Regel in Papierform vorbereitet und den Patient:innen vorgelegt. Aufgrund der Fülle an Informationen brauchen die Patient:innen häufig Unterstützung bei der Sichtung der Unterlagen, es kommt zu Verzögerungen im Aufnahmeprozess und die Kliniken müssen unter großem Aufwand kontinuierlich prüfen, ob die Aufnahmeunterlagen die aktuelle Rechtslage widerspiegeln. Ein bürokratiearmes, bundeseinheitliches Verfahren zur sozialgerichtsfähigen Festhaltung existiert nicht.
Auch der aktuelle Gesetzentwurf zum Krankenhausversorgungsverbesserungsgesetz enthält allein zur umstrittenen Vorhaltefinanzierung 30 Seiten mit neuen Nachweispflichten. Genauso wie beim stark kritisierten Bundes-Klinik-Atlas werden hier den Kliniken neue Angaben zur Zertifizierung von Ärzten und medizinischen Einrichtungen aufgebürdet, deren Mehrwert für die Patient:innen nicht erkennbar ist.
Ein weiteres Beispiel ist das Medizindatenforschungsgesetz: Mit ihm wurden umfangreiche Datenlieferungen eingeführt, darunter minutengenaue Aufzeichnungen ärztlicher Tätigkeiten. In der Summe müssen Krankenhäuser umfangreiche Daten erheben, aufbereiten und an verschiedene Stellen übermitteln, die dafür erforderliche Software ist teuer und die regelmäßigen Updates sowie die Anpassung an neue Anforderungen binden zusätzlich personelle Kapazitäten. Ärzte und Pflegefachkräfte verbringen deshalb bis zur Hälfte ihrer Arbeitszeit am Schreibtisch und nicht bei den Patienten.
Enorme positive Effekte
Welche positiven Effekte ein konsequenter Bürokratieabbau bringt, hat BDPK-Vorstandsmitglied Thomas Lemke (CEO Sana Kliniken) kürzlich in einem vielbeachteten Beitrag un- ter der Überschrift „Den Wahnsinn endlich stoppen“ deutlich gemacht: Schon eine Stunde weniger Bürokratie pro Tag und Arzt oder Pflegefachkraft könnte rein rechnerisch 120.000 Vollzeitkräfte in den Kliniken freisetzen. Statt sich durch ei- nen Dschungel von Vorschriften und Nachweispflichten zu kämpfen, könnten sich die Klinikleitungen und das Personal auf ihre eigentlichen Aufgaben konzentrieren: die bestmögliche Versorgung der Patienten.
Der BDPK fordert deshalb: Im Sinne einer radikalen Entbürokratisierung sollten alle Kontrollvorschriften in den relevanten Gesetzen für einen Übergangszeitraum ausgesetzt werden. Nach wissenschaftlicher Evaluation kann entschieden werden, welche Vorschriften in welchem sinnvollen Umfang wieder eingesetzt werden sollten.