Krankenhausreform
Länder sind jetzt in der Pflicht
Das vom Bundestag Mitte Oktober verabschiedete Krankenhausversorgungsverbesserungsgesetz (KHVVG) wird die stationäre Versorgung in Deutschland nicht verbessern. Die letzte Chance hierfür hat jetzt der Bundesrat.
Die vom Bundestag beschlossene Fassung des KHVVG enthielt gegenüber dem vorherigen Entwurf zwar 50 Änderungsanträge, diese brachten im Ergebnis aber nur vereinzelte Korrekturen. Die wesentlichen Forderungen der Bundesländer und der Krankenhäuser blieben weiter unberücksichtigt. Nachgebessert werden könnte das Gesetz nur noch dann, wenn der Bundesrat in seiner Sitzung am 22. November entscheidet, den Vermittlungsausschuss anzurufen.
Seine konkreten Vorschläge für sinnvolle Korrekturen des KHVVG hat der BDPK für die Abgeordneten in Bund und Ländern zusammengestellt und ihnen übermittelt. Ein wesentlicher Kritikpunkt ist, dass nach der vom Bundestag beschlossenen Gesetzesfassung ab 2027 letztlich der Bund über die Krankenhausplanung entscheidet. Damit wird die verfassungsrechtlich garantierte Planungshoheit der Bundesländer ausgehebelt und ihnen fehlt die erforderliche Flexibilität, um die Krankenhausversorgung sicherzustellen. Auch die von den Bundesländern und den Krankenhäusern geforderte Überbrückungsfinanzierung ist im KHVVG nicht vorgesehen.
Vorhaltefinanzierung nicht fallzahlunabhängig
Darüber hinaus bestehen große Zweifel, ob die im KHVVG vorgesehenen Maßnahmen überhaupt die beabsichtigte Wirkung haben werden. Dies gilt vor allem für die Einführung einer Vorhaltefinanzierung. Sie ist nach Ansicht des BDPK in der vorgesehenen Form nicht dazu geeignet, die Grundversorgungskrankenhäuser in den ländlichen Regionen zu stabilisieren und sie wird auch nicht die Konzentration hoch spezialisierter Behandlungen in Zentren fördern. Laut Gesetz werden 40 Prozent der Vergütung weiter über die tatsächlich erbrachten Fälle abgerechnet und die Krankenhäuser sollen 60 Prozent der bisherigen DRG-Finanzierung pauschal als Vorhaltevergütung erhalten. Doch auch dieser pauschale Anteil ist an die in der Vergangenheit erreichte Zahl der pro Leistungsgruppe versorgten Patient:innen geknüpft. Damit ist die Vorhaltefinanzierung also keineswegs dazu geeignet, notwendige Kliniken fallzahlunabhängig abzusichern. Hinzu kommt, dass einem Krankenhaus, das die sogenannte Mindestvorhaltezahl an Behandlungen nicht erreicht, die entsprechende Leistungsgruppe und damit auch deren pauschale Vorfinanzierung vollständig entzogen werden kann. Die Mindestvorhaltezahlen sind eine willkürlich gegriffene Größe ohne Evidenz und Fu dierung – sie sollten aus dem Gesetz gestrichen werden. Um das Überleben von notwendigen Kliniken mit geringen Fallzahlen wirklich zu sichern, schlägt der BDPK vor, die Vorhaltevergütung mit der Sicherstellung notwendiger, aber derzeit defizitär betriebener Behandlungsangebote zu verknüpfen: volle Finanzierung der Betriebs- und Investitionskosten entweder von bedarfsnotwendigen Leistungsgruppen (zum Bei- spiel Notaufnahme, Notfallambulanz/INZ, Geburtshilfeabteilung, Intensivstation) oder von Krankenhäusern in ländlichen Regionen (entsprechend dem System des Sicherstellungszuschlags).
Korrektur bei Fachkrankenhäusern erforderlich
Zu den 50 Änderungsanträgen, die noch kurzfristig die vom Bundestag beschlossene KHVVG-Fassung aufgenommen worden sind, gehört auch eine generelle Kooperationsmöglichkeit für Fachkrankenhäuser bei der Vorhaltung der verwandten Leistungsgruppen. Diese Regelung ist sinnvoll, da sie der Spezialisierung von Fachkrankenhäusern Rechnung trägt.
Allerdings kann sie nach dem aktuellen Gesetzentwurf nicht auf alle Fachkrankenhäuser angewendet werden, da das KHVVG auch eine neue Definition von Fachkrankenhäusern vorsieht. Nach dieser Definition gilt ein Krankenhaus als Fachkrankenhaus, wenn es mindestens 80 Prozent der Fälle in maximal vier Leistungsgruppen erbringt. Es wurde jedoch nicht berücksichtigt, dass es viele Spezialisierungsgebiete gibt, in denen sich die Fälle auf mehr als vier Leistungsgruppen verteilen. Dies ist beispielsweise im Bereich der Orthopädie der Fall. Allein für die Endoprothetik und Revisionen sind vier verschiedene Leistungsgruppen vorgesehen. Orthopädische Fachkrankenhäuser, die darüber hinaus beispielsweise Wirbelsäulenbehandlungen anbieten, dürften nach dem aktuellen Definitionsvorschlag nicht mehr als Fachkrankenhaus eingestuft werden. Dies würde für viele orthopädische Fachkrankenhäuser in Deutschland faktisch zu einem Leistungsverbot führen, was nicht im Sinne des Gesetzgebers sein dürfte.