BDPK-Bundeskongress 2024
Besser den Blick nach vorn richten
Nur bei Kritik an der geplanten Krankenhausreform wollten es die Teilnehmer:innen am BDPK-Bundes- kongress 2024 nicht belassen. Im Sinne von „nach der Reform ist vor der Reform“ diskutierten sie über die Weiterentwicklung und Neugestaltung der Gesundheitsversorgung in der nächsten Legislaturperiode.
Bei der Begrüßung der 200 Kongressteilnehmer:innen im Tagungszentrum des Double-Tree-Hotels am Berliner Ku`damm stellte BDPK-Präsidentin Dr. Katharina Nebel klar, dass die privaten Klinikträger die Notwendigkeit einer Reform nicht infrage stellen. „Mehr ambulante Versorgung, mehr Qualität durch Spezialisierung und mehr Fachkräfte vor allem durch weniger Bürokratie unterschreiben wir sofort“, so Nebel. Der BDPK befürchtet allerdings, dass diese Ziele mit einer handwerklich schlecht gemachten Krankenhausreform nicht erreicht werden und sie stattdessen wie ein Krankenhausschließungsprogramm wirken werde. Damit wird die Krankenhausreform in ihrer gegenwärtigen Fassung die bestehenden Probleme der Krankenhausversorgung nicht lösen. Die desaströse Lage der Kliniken erfordert vor allem einen schnellen und wirksamen Inflationsausgleich.
Auch an zahlreichen anderen Stellen muss das vom Bundeskabinett im Mai 2024 verabschiedete Reformgesetz im parlamentarischen Verfahren grundlegend nachgebessert werden. Ein wesentlicher Mangel ist, dass der vom Bundesgesundheitsminister kritisierten Fallzahlabhängigkeit der Krankenhäuser mit einer fallzahlabhängigen Vorhaltevergütung entgegengewirkt werden soll. Das ist widersinnig und kann nicht dazu beitragen, dass das vorgegebene Ziel der „Entökonomisierung“ erreicht wird.
Franke macht den Kliniken Hoffnung
Prof. Dr. Edgar Franke, Parlamentarischer Staatssekretär im Bundesgesundheitsministerium (BMG), schilderte den Kongressteilnehmer:innen den aktuellen Sachstand zur Krankenhausreform. Er sagte zu, dass die Kritikpunkte des BDPK in den weiteren Diskussionsprozess einfließen werden, und machte Hoffnung, dass die Krankenhausreform den Krankenhäusern relevante finanzielle Entlastung bringen wird. Es sei außerdem damit zu rechnen, dass es zwischen Bund und Län- dern weitere inhaltliche Annährungen geben und eine Feinjustierung bei den Leistungsgruppen und der Vorhaltepauschale vorgenommen wird. Auch in der Konvergenzphase seien noch weitere Anpassung zu erwarten. Es sei wichtig, dass ergebnisoffen diskutiert und vorgetragene Vorschläge ernst genommen werden. Selbstkritik übte er bei dem vom BMG veröffentlichten Klinik-Atlas und versprach, dass den berechtigten Reklamationen nachgegangen und es ein grundlegendes patientenorientiertes Update geben werde.
In der Diskussion mit Edgar Franke übte Michael Dieckmann, CDO der Ameos Gruppe, scharfe Kritik. Es sei unverantwortlich, dass die Politik das gesamte finanzielle Risiko für die Reform auf die Krankenhäuser und insbesondere auf freie Träger abwälzt. Dadurch drohe die Vernichtung von großen Werten, die über Generationen aufgebaut worden sind. Franke zeigte Verständnis für diese Sorge und meinte, dass die Ökonomie mit der Reform nicht ausgeschaltet werden dürfe, sondern sie ein Element im Mischsystem aus Planung und Daseinsvorsorge bleiben müsse.
Absage an Staatsmedizin
Neben den Nachbesserungen, die an der Reform möglicherweise noch vorgenommen werden, stand der weitergehende Reformbedarf im Fokus der Vorträge und Diskussionen. Einhellig wurde vor einem Weg in die Staatsmedizin gewarnt. Welche negativen Folgen diese hat, machte BDPK-Vorstandsmitglied Dr. Mate Ivančić am Beispiel des National Health Service (NHS), dem staatlichen Gesundheitssystem in England, deutlich. Die dort fehlenden ökonomischen Anreize haben zu radikalen Effizienzeinbußen und extrem langen Behandlungswartezeiten für Patient:innen geführt. Qualitätsverbesserungen gibt es dagegen nicht.
Um eine solche Entwicklung in Deutschland zu verhindern, müssen aus Sicht des BDPK schon jetzt die politischen Weichen für die Zukunft gestellt werden und es sind innovative Ansätze erforderlich. Dazu stellte der Münchener Gesundheitsökonom Prof. Dr. Günter Neubauer ein Konzept zur Diskussion, mit dem die Eigenverantwortung der Bürger:innen und Regionen gestärkt werden soll. Sein Konzept sieht vor, dass die Patient:innen nicht mehr wie bisher nur passive Steuerungselemente sind, sondern zukünftig aktive Mitentscheider der Versorgungslandschaft werden. Das wäre ein enormer Ansporn für die Kliniken, wirtschaftlicher zu arbeiten. In der anschließenden Diskussion nahm Johannes Wolff, Leiter des Referats Krankenhausvergütung der Abteilung Krankenhäuser beim GKV-Spitzenverband, spontan die Einladung an und ergriff auf dem Podium das Wort. Er wies da- rauf hin, dass die Qualität Maßstab für alle Reformüberlegungen bleiben müsse – was nach Auffassung der Diskussionsteilnehmer mit dem vorgestellten Konzept völlig in Einklang steht.
Demografie berücksichtigen, Reha stärken
Mutige politische Entscheidungen sind auch aufgrund der demografischen Entwicklung erforderlich. Wissenschaftliche Erkenntnisse zu dieser Herausforderung lieferte Prof. Dr. Hans Martin Hasselhorn, Universität Wuppertal, der den Kongressteilnehmer:innen die lidA-Studie vorstellte. In ihr wird beschrieben, dass Wirtschaft und Politik mehr dafür tun müssen, dass ältere Menschen in Beschäftigung gehalten werden. Das kann in allen Wirtschafts- und Dienstleistungsbereichen nur gelingen, wenn die Arbeitsbedingungen frühzeitig so gestaltet werden, dass auch die Bedürfnisse der älteren Beschäftigten berücksichtigt sind.
Eine intensive Aussprache gab es beim BDPK-Bundes- kongress auch zu den Verbindlichen Entscheidungen der Deutschen Rentenversicherung (DRV), die eine transparente und diskriminierungsfreie Beschaffung von Reha-Leistungen bewirken sollen. Die Rechtsanwälte Prof. Dr. Ralf Kreikebohm und Dr. Christoph Renz referierten über die rechtliche Bewertung der Verbindlichen Entscheidungen sowie den aktuellen Stand und die Aussichten laufender Klageverfahren. Der BDPK kritisiert, dass die Deutsche Rentenversicherung ihre trägereigenen Einrichtungen bei der Belegung bevorzuge, was nicht diskriminierungsfrei ist. Deswegen haben etliche Kliniken die DRV verklagt. In der Diskussion mit Werner Krempl, Erster Direktor und Geschäftsführer DRV Nordbayern, wurde deutlich, dass trotz des beschrittenen Rechtswegs auf beiden Seiten Gesprächsbereitschaft besteht und eine Lösung auf dem Verhandlungsweg vorzuziehen ist.
Den Abschluss des BDPK-Bundeskongresses 2024 bildete eine gemeinsame Abendveranstaltung in der „Bar jeder Vernunft“, bei der die Gespräche in zwangloser Atmosphäre fortgesetzt wurden. Am darauffolgenden Tag fand die geschlossene BDPK-Mitgliederversammlung statt, bei der nach intensiven Aussprachen Beschlüsse zu verschiedenen Sachthemen getroffen wurden und turnusgemäß der BDPK-Vorstand neu gewählt wurde.
Weitere Berichte vom BDPK-Bundeskongress 2024, eine Bildergalerie und die Vortragsfolien der Referenten sind auf der BDPK-Homepage veröffentlicht (www.bdpk.de). Das 24-seitige Konzeptpapier von Prof. Dr. Neubauer steht ebenfalls als PDF auf der BDPK-Homepage zur Verfügung, Druckexemplare können bei der BDPK-Geschäftsstelle telefonisch oder per E-Mail bestellt werden.