Personalkorridore in der Reha
Schwachpunkte und Optionen
In den neuen Rahmenempfehlungen zu den Grundlagen für Reha- und Vorsorgeeinrichtungen in der GKV sind indikationsbezogene Personalkennzahlen in Form von Korridoren für verschiedene Personal- und Tätigkeitsbereiche vorgesehen. Der BDPK rät davon ab und zeigt Alternativen auf.
Mit dem im Oktober 2020 verabschiedeten Intensivpflege- und Rehabilitationsstärkungsgesetz (GKV-IPReG) wurden die gesetzlichen Krankenkassen und die Reha-/Vorsorgeeinrichtungen dazu aufgefordert, die Details zu Inhalt, Umfang und Qualität von Reha-Leistungen festzulegen. Zudem sollen die Grundsätze einer leistungsgerechten Vergütung sowie die Strukturen für die Leistungserbringung definiert werden. Das bisher verhandelte umfangreiche Regelungswerk enthält im aktuellen Entwurf auch die Einführung dezidierter Personalkorridore. Hierfür sprechen sich eine Mehrzahl der Leis- tungserbringerverbände und die GKV-Seite aus. Das Bündnis Kinder- und Jugendreha und der BDPK lehnen dies vor allem aus ordnungspolitischen Gründen ab. Um doch noch eine annähernd gemeinsame Verhandlungslinie unter den Reha- Leistungserbringern zu finden, hat der BDPK seine Positionen ausführlich begründet und Kompromissvorschläge unterbreitet.
Schwachpunkte der Personalkorridore
Für die meisten Reha-Einrichtungen bestehen bereits seit Jahrzehnten Versorgungsverträge mit den Krankenkassen, mit denen einrichtungsindividuelle Rehabilitationskonzepte vereinbart sind. Deren wesentlicher Bestandteil sind auch Personalstrukturen zur Erfüllung des Reha-Konzepts. Die neuen Personalkorridore könnten zu einer abweichenden Personalbemessung je Berufsgruppe führen, womit die bestehenden Reha-Konzepte infrage gestellt werden.
Der BDPK kritisiert, dass die zurzeit diskutierten Personalkorridore das Ergebnis eines Verhandlungsprozesses sind, dem keine systematische Datenerhebung bei den GKV-belegten Reha-Einrichtungen zugrunde liegt. Basis sind vielmehr die Einschätzungen der Vereinbarungspartner, Vorgaben der Bundesarbeitsgemeinschaft für Rehabilitation für die ambulante Reha und die Personalvorgaben der Deutschen Rentenversicherung (DRV). Daraus ergeben sich aus Sicht des BDPK grundsätzliche Fragen für die Krankenkassen und die Reha-Einrichtungen:
- In welchem rechtlichen Verhältnis sollen die neuen Personalkorridore zu den möglicherweise abweichend vertraglich vereinbarten Personalbemessungsregelungen stehen (Reha-Konzept, Versorgungsvertrag und Vergütungssatz)?
- Sollen die Reha-Konzepte und die Versorgungsverträge unter Bezug auf die Personalkorridore der Rahmenempfehlungen angepasst werden?
- Welche Auswirkungen hat die Anpassung auf die Leis- tung und die Vergütung und wann soll diese erfolgen?
Durch unterschiedliche Umsetzungszeitpunkte könnten für einzelne Einrichtungen Wettbewerbsnachteile entstehen, wenn sie früher als andere neue Personalvorgaben erfüllen müssen. Ihre Belegung könnte zurückgehen, wenn sich für sie dann vermutlich höhere Vergütungssätze ergeben. Es bedarf also eines bundesweit abgestimmten Vorgehens der Rahmenempfehlungspartner je Indikationsbereich. Eine solche Regelung fehlt bislang. Zu bedenken ist auch, dass Personalkorridore in Anlehnung an die DRV-Personalvorgaben für Einrichtungen, die bislang nur oder mehrheitlich von den Krankenkassen belegt werden, deutliche Kostensteigerungen verursachen, die dann zu höheren Vergütungssätzen führen.
Verhandlungsalternativen
Wenn auf Personalkorridore als qualitatives Element der Rahmenempfehlungen nicht verzichtet werden soll, ist es aus Sicht des BDPK zwingend erforderlich, sie in einem systematischen Verfahren unter Einbezug der Personalausstattung der GKV- belegten Reha-Einrichtungen zu evaluieren und weiterzuentwickeln. Hierzu bedarf es besonderer Regelungen in der Rahmenempfehlung. Zudem wäre auch die Qualität der erbrachten Leistungen (Patientenzufriedenheit und Reha-Erfolg nach dem QS-Reha-Verfahren) zu berücksichtigen. Erforderlich sind ferner Anpassungsmöglichkeiten im Hinblick auf Reha-medizinischen Fortschritt, Digitalisierung in der Medizin und Entwicklungen auf dem Arbeitsmarkt. Der BDPK plädiert dafür, die strikte berufsgruppenspezifische Personalvorhaltung aufzugeben und stattdessen eine größere Durchlässigkeit der Personalvorgaben zwischen den Berufsgruppen zu ermöglichen. Ansonsten müssten Einrichtungen Pflegekräfte einstellen, obwohl diese gar nicht gebraucht werden, und Therapeuten entlassen, weil es laut Personalkorridor zu viele sind. Dies wäre in erheblichem Maße unwirtschaftlich und sogar qualitätsschädlich.
Um eine Einigung zu erzielen, schlägt der BDPK vor, dass die Personalkorridore für eine Übergangsphase nicht verbindlich sind. Zudem sollten eine Prüfung aktueller Konzepte und Personaleinsätze sowie eine Analyse der Abweichungen von den Personalkorridoren vereinbart werden. Darauf aufbauend könnte eine gemeinsame Anpassung der Korridore und Festlegung der Sachverhalte, die zur Abweichung führen, erfolgen, erst danach eine „Scharfschaltung“ der Personalkorridore.