Kolumne von Thomas Bublitz
Gegen die Kapitulation
Die Kostenentwicklung bedeutet für die Krankenhäuser sowie Reha- und Vorsorgeeinrichtungen eine existenzielle Gefahr. Spätestens im November, wenn das Weihnachtsgeld an die Beschäftigten zu zahlen ist, wächst für viele die Insolvenzgefahr. Der Politik ist das bekannt, ebenso wie umsetzbare Lösungsvorschläge. Die Bundesregierung kündigt einerseits an, dass die Kliniken nicht im Stich gelassen würden, doch sie schafft gleichzeitig neue Beschwernisse.
So gibt es neue Testpflichten für alle Beschäftigte in den Kliniken, was zum Dienstbeginn nicht zu leisten ist. Es gibt eine neue Meldepflicht von Belegungsdaten, die die Krankenhäuser täglich händisch an das Robert Koch-Institut melden müssen. Noch nicht beschlossen, aber beabsichtigt ist eine Einschränkung der Berufsgruppen im Pflegebudget, mit der ab 2024 rund 20.000 Pflegehilfskräfte nicht mehr finanziert werden. Zu befürchten ist auch, dass mit der Einführung eines neuen Pflegepersonalbemessungsinstruments der Dokumentations- und Zeitaufwand weiter steigen wird. Es verwundert zudem, dass es für die PPR 2.0 eine Opt-out-Regelung geben soll, nach der das neue Bemessungsinstrument keine Anwendung findet, wenn eine Klinik mit der Gewerkschaft Verdi einen Entlastungstarifvertrag vereinbart hat. Das Grundprinzip der Tarifautonomie wird damit zumindest infrage gestellt.
Von wenig Entschlusskraft im Bundesgesundheitsministerium zeugt auch die geplante Zustimmung des Finanzministeriums bei der Rechtsverordnung zur Pflegepersonalbemessung. Dass ein finanzieller Rahmen eingehalten werden muss, ist zwar nachvollziehbar, nicht aber, dass der Finanzminister de facto entscheiden kann, welche und wie viele Pflegekräfte zukünftig in Kliniken eingesetzt werden. In der Summe könnte man die aktuelle Gesundheitspolitik als Anzeichen dafür sehen, dass die Verantwortlichen angesichts der gesundheitspolitischen Herausforderungen kapituliert haben. Das wäre schlimm! Noch schlimmer wäre es, wenn sich hinter der aktuellen Gesetzgebung die Absicht verbirgt, den Strukturwandel in der stationären Versorgung über ein Ausbluten der Kliniken zu erreichen. Was auch immer dahinterstecken mag: Die Kliniken werden sich wehren und nicht kapitulieren. Das haben sie im September gezeigt und wenn es denn sein muss, wird es einen heißen Herbst für die Politik geben.