Hans-Heinrich Aldag zur Krankenhausreform
BDPK-Vorstandsmitglied Dr. Hans-Heinrich Aldag, Geschäftsführer der Waldklinik Jesteburg GmbH & Co. KG
Die Reform darf nicht dazu führen, dass die hoch qualifizierte Versorgung von schwer- und schwerstkranken Patienten auch in Fachkliniken unter die Räder kommt. Das wäre eindeutig passiert, wenn die ursprünglichen Ideen vom „Nikolaustag“ 2022 weiter Bestand hätten.
Nach den damaligen Level-Vorstellungen des Bundesgesundheitsministers hätten bestimmte Leistungsgruppen nur in bestimmten Leveln erbracht werden dürfen – mit der Folge, dass Kliniken mit nur einer, dafür aber zumeist sehr spezialisierten Fachabteilung keine Existenzberechtigung mehr gehabt hätten. In den Eckpunkten von Bund und Ländern vom Juli wurde der Level-Gedanke erheblich zurückgeführt, taucht jetzt aber über den Transparenzgesetzentwurf „durch die Hintertür“ wieder auf, wobei für noch zu definierende Fachkliniken zumindest ein extra Level (F) vorgesehen werden soll.
Die wesentliche „Musik“ spielt allerdings in den Leistungsgruppen, die zurzeit vor allem auf Basis des Modells NRW gestartet und dann weiterentwickelt werden sollen. Hierin steckt für häufig aufgrund länderspezifischer Versorgungskonzeptionen entwickelte Fachkliniken aber ebenfalls noch erhebliches Problempotenzial, denn nach aktuellem Stand der Planungen ist vorgesehen, dass für Fachkrankenhäuser die gleiche – und dazu bundesweit einheitliche – Leistungsgruppensystematik gelten soll, wie für alle anderen Krankenhäuser. Dadurch müssten diese Einrichtungen je nach infrage kommender Ausrichtung künftig zum Beispiel Leistungsgruppen wie Allgemeine Chirurgie, Innere Medizin und/oder Intensivmedizin vollumfänglich vorhalten, genau wie Krankenhäuser der Schwerpunkt- und Maximalversorgung. Das mag bei großen, Mehrfachabteilungshäusern unproblematisch sein, zumindest für knapp die Hälfte der bestehenden Fachkrankenhäuser ist das aber weder gegeben noch mittelfristig umsetzbar – und vor allem wäre es für die jeweilige Spezialisierung auch kein medizinisch-qualitativer Gewinn. Sollte es bei dieser Vorgabe bleiben, würden zahlreiche bewährte Fachkrankenhäuser vom Netz gehen müssen und die Versorgung zum Teil schwer erkrankter Patienten würde erheblich eingeschränkt.
Viele Allgemeinkrankenhäuser wüssten nicht mehr, wie es für ihre Patienten nach einer Notfallbehandlung weitergeht, wenn das bisherige, eingespielte und bewährte Zusammenwirken von Erst- und Spezialversorgern wegfällt. In allen Fachdisziplinen, von der Chirurgie über die Kardiologie bis zur Neurologie, gibt es eine enge Verzahnung zwischen allgemeinen Akutversorgern und hoch qualifizierten Fachkrankenhäusern, die im Mittelpunkt der spezialisierten Behandlung für die jeweiligen Krankheitsbilder stehen und auch schwer- und schwerstkranke Patienten behandeln. In der Disziplin der neurologischen Frühreha gibt es beispielsweise konzeptionell erhebliche länderspezifische Unterschiede: Während sie in NRW oft an größeren Akut- krankenhäusern angesiedelt ist, wurde sie in den anderen Bundesländern dagegen bewusst auch in eigenständigen Spezialkliniken konzipiert, die sich auf diese eine oder einige wenige Indikationen spezialisiert haben und sich auch dadurch eine besondere Qualifikation und Expertise erworben haben. Diese umfasst neben der Kompetenz für akutmedizinische Komplikationen auch die besonders in diesem Bereich so wichtige sektorübergreifende Versorgung für die weiterführenden neurologischen Reha-Phasen. Von dieser ist in den bisherigen Leistungsgruppen aber leider nirgendwo die Rede. Entsprechendes gilt auch für bestimmte Geräteausstattungen (CT/MRT). Beide Voraussetzungen müssen stattdessen im Gesetz auch weiterhin in den in der DNA für Fachkliniken ohnehin angelegten Kooperationen mit Akutkliniken zu erbringen sein! Ähnliches gilt auch für die Fachkliniken anderer Fachdisziplinen.