Kostenlose Soforthilfe - Kolumne von Thomas Bublitz

Die Zahlen sind alarmierend: 60 Prozent der deutschen Kliniken rechnen laut aktuellem DKI-Krankenhaus-Barometer für 2021 mit einem Defizit. Das sind doppelt so viele wie im Vorjahr und jede zweite Klinik erwartet sogar eine weitere Verschlechterung im Jahr 2022. Die wirtschaftliche Lage ist demnach so schlecht wie seit zwei Jahrzehnten nicht mehr und sie wird durch die Personalsituation weiter verschlimmert: 80 Prozent der Kliniken können offene Pflegestellen auf ihren Allgemein- und Intensivstationen derzeit nicht besetzen.

Es muss dringend etwas passieren, das hat auch die neue Bundesregierung erkannt und will zügig eine Regierungskommission zur Reform der Krankenhausplanung und -finanzierung einsetzen. Neben der Berufung von Klinikvertretern wünsche ich diesem Gremium einen kurzen Draht zu den Kolleginnen und Kollegen, die sich mit einem weiteren Vorhaben der Ampelkoalition beschäftigen: dem Bürokratieabbau. Laut Koalitionsvertrag sollen mit einem Bürokratie-Entlastungsgesetz Abläufe und Regeln vereinfacht und dafür gesorgt werden, dass mehr Zeit für die eigentlichen Aufgaben bleibt. Das könnten wir im Gesundheitswesen gut gebrauchen.

Wie sehr die Bürokratie belastet, zeigt eindrucksvoll eine Umfrage der Asklepios Kliniken, nach der nur jede zehnte Krankenhauspflegekraft vom Ausmaß der Arbeitsbürokratie nicht frustriert war. Die meisten halten den Bürokratieabbau für den wichtigsten Verbesserungsbedarf in ihrem Beruf, wichtiger sogar als Gehaltsverbesserungen. Eine einfache Formel gegen den Fachkräftemangel lautet also: weniger Bürokratie gleich mehr Pflegepersonal.

Bürokratieabbau verbessert aber nicht allein die Mitarbeiterzufriedenheit, sondern auch die Gesundheit der Patient:innen. Das wird am Beispiel der Anschluss-Reha nach stationärer Krankenhausbehandlung deutlich. Hier verstreicht durch ein unnötiges und leider immer noch nicht abgeschafftes bürokratisches Genehmigungsverfahren wertvolle Zeit – was den Reha-Behandlungserfolg gefährdet und Krankenhauskapazitäten bindet, die für andere Patient:innen benötigt werden.

Die Liste mit (Minus-)Punkten unnötiger Bürokratie für Krankenhäuser und Reha-/Vorsorgeeinrichtungen ist viel zu umfangreich, um sie hier wiederzugeben. Allein beim Pflegebudget oder bei den MD-Prüfungen gibt es seitenlange und stichhaltige Beschreibungen des Entlastungspotenzials. Und diese Entlastung zu fordern, ist auch beileibe kein Blindflug oder Irrweg, wie der GKV-Spitzenverband kürzlich meinte, sondern das Naheliegendste. Denn Bürokratieabbau ist Soforthilfe und kostet so gut wie nichts.