Dr. Dr. Martin Siebert

Vorsitzender der Geschäftsführung (CEO) der Paracelsus-Kliniken Deutschland, Vorsitzender des BDPK-Fachausschusses Krankenhäuser:
Vermutlich teilen diese Erkenntnis viele: Die Politik hat keinesfalls das Wunder vollbracht, alles richtig zu machen. Aber wer durfte das ernsthaft erwarten?! Allerdings wurden die eigentlichen gesundheitlichen Herausforderungen der Pandemie in Deutschland so schlecht nicht gemeistert. Zweifellos wurde auch überreagiert: Da gab es Chaos und formalistischen Dogmatismus. Gut gemeinter und schlecht gemachter Aktionismus standen sich gegenseitig immerzu Pate. Natürlich haben auch mangelnde Routine, Angst, Rat- und Hilflosigkeit die letzten Monate geprägt. Zugestanden: Die Politik hat sich durchaus ins Zeug gelegt, um das Schlimmste zu verhindern. Zweifellos nicht immer überzeugend.
Die Lage ist desaströs
Und das dicke Ende kommt wahrscheinlich noch: Während die Krankenhäuser in der Deckung ihrer sogenannten Systemrelevanz zunächst mit einem blauen Auge davongekommen sind, werden die wirtschaftlichen Folgen der Pandemie in absehbarer Zeit auch unter den Krankenhäusern und Rehabilitationskliniken noch eine schlechte Ernte einfahren. Es versteht sich, dass nun aus jeder denkbaren Perspektive heraus versucht wird, aus der Pandemie politisches Kapital zu schlagen. Jeder möchte sich sozusagen „sein Ei drauf braten“. Die einen fordern also in der Gesundheitsversorgung wieder und noch mehr Staat, andere sehen die Chance, das System einmal richtig auszumisten – was auch bedeuten kann, langfristig mit weniger Krankenhäusern auszukommen. Natürlich wollen alle mehr Geld. Warum auch nicht? Tatsächlich brauchen alle mehr Geld, denn die Lage ist desaströs. Man ist beinahe geneigt, sich nach den seligen Zeiten der Krankenhausfinanzierung zurückzusehnen, in denen wenigstens die Selbstkostendeckung garantiert war.
Mut zu innovationen Versorgungslösungen
Klar ist, dass alle im Wahlkampf bekannt gewordenen Absichtserklärungen und Konzepte weder helfen werden, den gesamtgesellschaftlich für die Gesundheitsversorgung anfallenden Kostenanstieg zu bremsen, geschweige denn solchen Aufwand zu senken, noch sind sie geeignet, zu mehr Versorgungssicherheit und -gerechtigkeit beizutragen. Also werden wir uns wohl noch eine Weile weiter durchschleppen müssen mit immer mehr Dirigismus, wuchernder Bürokratie und knappen Mitteln. Letztlich sind Strukturveränderungen mit der Brechstange nicht zu erwarten, obgleich der Mut zu innovativen Versorgungslösungen unverändert gefragt bleibt.
Engagement der Privaten unverzichtbar
Festzuhalten ist: Obwohl es zuletzt ein notorischer Reflex geworden zu sein schien, immer wieder das private Engagement, das innovative Unternehmertum, die flexible und pragmatische Effizienz privater Krankenhausträger zu diffamieren, hat sich – nicht zuletzt während der Pandemie – bestätigt, dass gerade auch diese Krankenhäuser und Rehabilitationskliniken ein unverzichtbarer Bestandteil der Daseinsvorsorge und ein leistungsfähiger Garant standardsituations- wie krisenrelevanter Gesundheitsangebote sind. Man sollte ihren unverzichtbaren Beitrag im Gesamtsystem daher nicht leichtfertig auf dem Altar des ideologischen Zeitgeschmacks riskieren.
Regulative Erstickung behindert Innovationen
Memento mori den gesundheitspolitischen Zielen, mit denen die jetzige Bundesregierung angetreten war: die Pflege zu stärken und dem Fachkräftemangel entgegenzuwirken. Mit den vordergründig gefällig klingenden Maßnahmen und Instrumenten – speziell der Ausgliederung des Pflegebudgets und den Pflegepersonaluntergrenzen – wurde das Ziel nicht wirklich erreicht. Starre und pauschale Personalvorgaben stehen letztlich im Widerspruch zur flexiblen und anforderungskonformen Gestaltung der Gesundheitsversorgung in komplexen Einrichtungen, wie sie Krankenhäuser zweifellos sind. Regulative Erstickung behindert die Entwicklung innovativer Ansätze im Krankenhausmanagement – auch zum Nachteil der Gestaltung sicherer und attraktiver Arbeitsplätze. Leider dürfen wir wohl nicht hoffen, dass uns die nächste Bundesregierung aus dieser Misere erlöst. Wer hält dagegen?!