Kliniken am Limit

Berlin, 04.01.2021 – Dieser Beitrag stammt aus der heute erschienenen Ausgabe des Fachmagazins f&w - führen und wirtschaften im Krankenhaus -

Der im November verlängerte Rettungsschirm für Krankenhäuser geht durch hohe Mindestanforderungen an vielen Kliniken vorbei. Der BDPK hat deshalb Mitte Dezember gemeinsam mit der Deutschen Krankenhausgesellschaft (DKG) an den Gesetzgeber appelliert, auch die Grund- und Regelversorger einzubeziehen.

Mitte Dezember 2020, bei Redaktionsschluss dieser f&w-Ausgabe wurde das öffentliche Leben in Deutschland angesichts der sich ausbreitenden Corona-Pandemie drastisch heruntergefahren. Die entsprechenden Entscheidungen der Bundesregierung und der Bundesländer fanden in der Bevölkerung ebenso wie bei den Wirtschaftsverbänden breite Zustimmung und auch aus Sicht der Kliniken und ihrer Verbände war die Verschärfung des Lockdowns eine richtige und notwendige Maßnahme. Die Entwicklung der Infektionszahlen verlief so besorgniserregend, dass dringend gehandelt werden musste, um einen weiteren ungebremsten Anstieg der Infektionen zu verhindern. Fast alle Kliniken meldeten bundesweit eine dramatische Zunahme der intensivmedizinisch zu behandelnden Covid-19-Patientinnen und Patienten, immer weniger Intensivbetten waren verfügbar, planbare Operationen mussten verschoben werden.

Doppelbelastung der Kliniken
Stand Mitte Dezember war auch: Immer mehr Kliniken steuerten auf eine wirtschaftlich bedrohliche Situation zu, denn im Vergleich zum Vorjahr waren die Belegungszahlen erheblich eingebrochen – und damit verbunden die Erlöse. Diese Doppelbelastung brachte Kliniken an die Belastungsgrenze und darüber hinaus. Daran änderte auch das im November in Kraft getretene 3. Bevölkerungsschutzgesetz wenig. Denn dieser schnell beschlossene neue Rettungsschirm für Krankenhäuser unterstützte, anders als zu Jahresbeginn, nicht alle Krankenhäuser durch Ausgleichszahlungen, sondern wurde mit hohen Mindestanforderungen (Erfüllung der Anforderungen der erweiterten und umfassenden Notfallversorgung) ausschließlich über Maximalversorgern aufgespannt. An Grund- und Regelversorgern sowie Spezialkliniken gingen die neuen Regelungen komplett vorbei.

Ob und was sich bis zum Erscheinen dieser f&w-Ausgabe an der Situation geändert hat, kann kaum vorhergesagt werden. Tatsache ist, dass die DKG und der BDPK dringende Appelle an die Bundesregierung gerichtet haben, den Rettungsschirm umgehend weiter aufzuspannen und die Grund- und Regelversorger ebenso einzubeziehen wie die als Ersatzkrankenhäuser benannten Reha-Kliniken.

Denn diese Kliniken und ihre Mitarbeiter waren (und sind) von steigenden Fallzahlen ebenso betroffen wie die Maximalversorger. Verschärft wurde die Situation bis Mitte Dezember dadurch, dass Maximalversorger immer häufiger die Aufnahme von Corona-Patienten von anderen Krankenhäusern verweigerten. Sorge bereitete den Kliniken zusätzlich, dass sich eine wachsende Zahl ihrer Beschäftigten aufgrund von Covid-19-Infektionen  in die angeordnete Quarantäne begeben mussten. Angesichts der zwingenden Vorgaben der Pflegepersonaluntergrenzen-Verordnung gerieten die Häuser auch mit ihren personellen Kapazitäten zunehmend an ihre Grenzen und ganze Abteilungen mussten schließen.

Konkrete Vorschläge für den Rettungsschirm
Für die Kliniken und ihre Mitarbeiter sind die vergangenen und nächsten Monate eine Nagelprobe. Während einer nie dagewesenen Belastung können die Gehaltszahlungen der nächsten Monate nicht mehr sichergestellt werden. DKG und BDPK haben deshalb die Politik aufgefordert, zu verhindern, dass für die Patientenversorgung dringend benötigte Häuser ihren Betrieb nicht mehr aufrechterhalten können. Dazu ist es notwendig, Grund- und Regelversorger durch eine Weiterentwicklung des Rettungsschirms zu unterstützen. Erforderlich sind hierfür, so die Appelle der Verbände, folgende Schritte:

  • Erweiterung des Empfängerkreises der Freihaltepauschalen durch eine Anpassung der Kriterien für Freipauschalen („Vorhalte-Kaskade“) 2020 und 2021
  • Regelungen zur kurzfristigen Liquiditätssicherung der Klinikstandorte
  • Entlastung der Krankenhäuser von Bürokratiepflichten: Insbesondere Fortsetzung der reduzierten MD-Prüfquote und Aussetzung der Pflegepersonaluntergrenzen in allen von der Pandemie betroffenen Regionen.

Ob und wie weit die „Notrufe“ der Kliniken bei der Politik gewirkt haben, kann heute, zwei Wochen vor dem Erscheinen von f&w, nicht vorhergesagt werden. Unabhängig davon bleibt zu hoffen, dass die getroffenen Maßnahmen die Verbreitung des Virus bremsen, auch in Deutschland schnellstmöglich die Zulassung des Impfstoffes erfolgt und die Menschen weltweit diese Herausforderung meistern werden.