Krankenhausreform

Vom Bundesministerium für Gesundheit (BMG) werden offiziell drei Ziele für die anstehende Krankenhausreform formuliert: Sicherung und Steigerung der Behandlungsqualität, Gewährleistung einer flächendeckenden Versorgung und Entbürokratisierung für Krankenhäuser. Diese sollen konkret über die beiden Gesetze Krankenhaustransparenzgesetz und das Krankenhausversorgungsverbesserungsgesetz (KHVVG) umgesetzt werden.

Krankenhaustransparenzgesetz

Mit dem am 28.03.2024 in Kraft getretenen Krankenhaustransparenzgesetz werden Krankenhäuser dazu verpflichtet, Daten über ihr Personal (Pflegekräfte, Hebammen und Ärzt:innen), ihr Leistungsangebot und auch über bestimmte Qualitätsmerkmale wie Zertifikate von Krebszentren an das Institut für Entgeltsystem im Krankenhaus (InEK) zu übermitteln. Darüber hinaus sollen die einzelnen Standorte einem sogenannten Level zugeordnet werden. Die umfassende Sammlung und Veröffentlichung der Daten begründet das BMG mit dem Ziel der Sicherung und Steigerung der Behandlungsqualität. Dies soll konkret erreicht werden, indem Patient:innen anhand des Online-Verzeichnisses des BMG eine qualitätsorientiertere Auswahl des Krankenhauses treffen.

Diese Sichtweise wird vom BDPK nicht geteilt. Der BDPK weist in seiner Stellungnahme darauf hin, dass die im Rahmen des Verzeichnisses geplanten Daten keine neuen Informationen darstellen. Zur Information der Patient:innen bestehen bereits etablierte Transparenzportale wie die Initiative Qualitätsmedizin (IQM), Qualitätskliniken.de und das Deutsche Krankenhausverzeichnis. Der BDPK kritisiert zudem das Grundprinzip „je größer das Krankenhaus, desto besser die Qualität“, das der Level-Systematik zugrunde gelegt wird. Die Beurteilung der tatsächlichen Versorgungsqualität erfordert zwingend die Einbeziehung von Indikatoren für die Ergebnisqualität, die sich aber im Krankenhaustransparenzgesetz nicht wiederfinden, (vgl. Stellungnahme des BDPK zum Krankenhaustransparenzgesetz).

Krankenhausversorgungsverbesserungsgesetz (KHVVG)

Die weiteren Ziele der Reform plant das BMG mit dem KHVVG umzusetzen, das nach Ankündigung des Bundesgesundheitsministers Lauterbach ein zustimmungsfreies Gesetz werden soll. Ein entsprechender Referentenentwurf wurde am 17.03.2024 bekannt. Zu den wesentlichen Maßnahmen aus dem KHVVG fordert der BDPK folgende Nachbesserungen (vgl. Stellungnahme des BDPK zum KHVVG):

  • Leistungsgruppen

Die Mindeststrukturvorgaben der jeweiligen Leistungsgruppen müssen auf das unbedingte Maß dessen beschränkt bleiben, was nachweislich medizinisch Sinn macht und der Versorgung der Patienten dient. Bei der Zuweisung der Leistungsgruppen muss den Ländern ausreichend Spielraum gegeben werden, um eine sinnvolle Balance zwischen Qualitätsanforderungen und Versorgungssicherheit herzustellen. Wenn Planungsbehörden die Entscheidung treffen, dass aus Gründen der Versorgungssicherheit bestimmte Leistungsgruppen an einem bestimmten Standort vorgehalten werden müssen, sollte die Zuordnung auch ohne zeitliche Befristung erfolgen dürfen.

  • Fachkrankenhäuser

Statt die Vorgaben aus dem NRW-Krankenhausplan eins zu eins auf Fachkrankenhäuser zu übertragen, muss bei der Vorhaltung einzelner Leistungsgruppen durch Fachkrankenhäuser dringend geprüft werden, ob diese für das Indikationsspektrum überhaupt erforderlich ist. Diesbezüglich hat der BDPK in Abstimmung mit der Facharbeitsgruppe „Krankenhausreform: Fachkrankenhäuser“ ein Schreiben erstellt, das an gesundheitspolitische Entscheidungsträger übermittelt wurde. (Vgl. Schreiben des BDPK zur Leistungsgruppensystematik für Fachkrankenhäuser).

  • Vorhaltevergütung

Das im Referentenentwurf vorgesehene Instrument des Vorhaltebudgets ist weiterhin fallzahlabhängig und eignet sich nicht zur finanziellen Sicherstellung der Krankenhausversorgung. Dies wird auch durch eine Auswirkungsanalyse des Beratungsunternehmens vebeto belegt, die im Auftrag der DKG Anfang 2024 erstellt wurde. (Vgl. DKG-Pressemeldung vom 16.01.2024). Wenn die Einführung einer Vorhaltefinanzierung politisch gewollt ist, dann sollte sie mit der Sicherstellung notwendiger Behandlungsangebote verknüpft werden: Volle Finanzierung der Betriebs- und Investitionskosten von bedarfsnotwendigen Leistungsgruppen (z. B. Notfallversorgung, Geburtshilfeabteilung, Intensivstation) oder von Standorten in ländlichen Regionen (entsprechend dem System des Sicherstellungszuschlags).

  • Sektorenübergreifende Versorgungseinrichtungen

Sektorenübergreifende Versorgungseinrichtungen müssen dauerhaft zur Erbringung ambulanter Behandlungen ermächtigt werden. Als eine weitere Form der Krankenhausversorgung müssen sie sich im bestehenden System refinanzieren können. Sinnvoll wäre eine Fortschreibung des Budgets für die Phase der Umsetzung. Sie sind zudem zwingend in die Investitionsfinanzierung der Länder einzubinden.

BDPK-Kampagne: „Krankenhaus retten“

Der BDPK hat die Reformgespräche auf Bund-Länder-Ebene mit einer eigenen PR-Kampagne „Krankenhaus retten“ begleitet. In diesem Rahmen wurden die Forderungen des Verbandes öffentlichkeitswirksam kommuniziert. Die Bestandteile der Kampagne werden unter der Rubrik „Öffentlichkeitsarbeit“ des vorliegenden Geschäftsberichtes ausführlich beschrieben.

BDPK-Impulspapier

Die Maßnahmen aus dem Krankenhaustransparenzgesetz und die vorgesehenen Instrumente aus dem Referentenentwurf für das KHVVG haben gemeinsam, dass sie ohne die Einbindung der Krankenhausträger und ihrer Verbände entwickelt wurden. Eine echte Verbesserung der Krankenhausversorgung kann aber nur in einem partizipativen Prozess mit allen betroffenen Akteuren erreicht werden. In diesem Kontext hat der BDPK ein Impulspapier mit Vorschlägen für die Krankenhausreform erstellt, das gemeinsam mit den Landesverbänden an politische Entscheidungsträger auf Bund- und Länderebene übermittelt wurde. Die wesentlichen Vorschläge sind dabei:

  • Praktikable Ausgestaltung der ambulanten Leistungserbringung in Krankenhäusern

Die Einführung einer sektorengleichen Vergütung mit Hybrid-DRG und AOP-Katalog ist grundsätzlich der richtige Weg. Allerdings wird die Öffnung der Krankenhäuser für ambulante Leistungen durch die gegenwärtig extrem restriktiven Vergütungsregelungen und Rechtsunsicherheiten gehemmt. Statt weiteren Regularien fordert der BDPK echte Anreize für die ambulante Öffnung: wissenschaftlich begleiteter Übergangszeitraum von drei Jahren, wo alle Krankenhausfälle mit bis zu drei Tagen Verweildauer auch ambulant erbracht werden dürfen, bei gleichzeitig temporärem Verzicht auf die primäre und sekundäre Fehlbelegungsprüfung.

 

  • Entwicklung eines Systems zur regionalen Versorgungsplanung

Für eine wirksame Reform greift der isolierte Blick auf Krankenhäuser zu kurz. Deshalb sollte – wie im Koalitionsvertrag der aktuellen Bundesregierung vereinbart – eine regionale Versorgungsplanung entwickelt werden. Dazu sollten Bund und Länder gemeinsam ein Planungsinstrument schaffen, das auf die relevanten Versorgungsangebote ausgerichtet ist: haus- und fachärztliche Versorgung, ambulante Notfallversorgung, stationäre Versorgung, Rettungsdienst, Übergangs- und Langzeitpflege. Hierzu gehört auch die Gewährleistung einer nahtlosen Versorgung der Patient:innen im Rahmen einer Anschlussrehabilitation.

 

  • Entwicklung/Einführung von regionalen Gesundheitsbudgets

Die Entwicklung, Erprobung und Einführung von regionalen Gesundheitsbudgets müsste mit der regionalen Versorgungsplanung einhergehen. Konkrete Umsetzungsvorschläge hierzu hat der BDPK mehrfach der Politik vorgestellt und veröffentlicht. (Vgl. BDPK-Artikel zum regionalen Gesundheitsbudget).

 

  • Streichung des Fixkostendegressionsabschlags

Die Streichung des FDA fördert die politisch gewollte und medizinisch sinnvolle Spezialisierung der Krankenhausversorgung und ist somit so früh wie möglich umzusetzen.

 

  • Radikale Entbürokratisierung

Im Sinne einer radikalen Entbürokratisierung sollten alle Kontrollvorschriften in den relevanten Gesetzen für einen Übergangszeitraum ausgesetzt werden. Nach wissenschaftlicher Evaluation kann entschieden werden, welche Vorschriften in welchem sinnvollen Umfang wieder eingesetzt werden sollten. Zudem hat der BDPK konkrete Vorschläge zum sofortigen Bürokratieabbau erstellt, die am 16.10.2023 im Rahmen einer Anhörung der Regierungskommission vorgestellt wurden. (Vgl. BDPK-Stellungnahme zur Entbürokratisierung).

 

  • Deutliche Erhöhung der Zahl der Medizinstudienplätze

In jedem Bundesland soll die Zahl der Medizinstudienplätze zunächst um 20 Prozent, in einem zweiten Schritt dann um 30 Prozent oder mehr erhöht werden. Die Finanzierung erfolgt zentral aus Bundesmitteln. Eventuell sind auch pauschale Ausgleichszahlungen durch die Bundesländer denkbar, wenn Mediziner in einem anderen Bundesland tätig werden als das, in dem sie ausgebildet wurden.

Das Impulspapier ist auch auf der Webseite der BDPK-Geschäftsstelle veröffentlicht. (Vgl. BDPK-Impulspapier).