Stellungnahme zum GVWG

Die im 2. Paket der Änderungsanträge zum GVWG vorgesehenen Änderungen im Pflegebudget lehnt der BDPK entschieden ab. Damit würde der von den Selbstverwaltungspartnern vereinbarte Kompromiss zur Konkretisierung der Abgrenzung der Pflegepersonalkosten ausgehebelt. Der Kompromiss, auf den sich DKG und GKV-SV nach langen Verhandlungen im Dezember 2020 geeinigt hatten, sieht vor, die neuen Regelungen für das Vereinbarungsjahr 2020 als Empfehlung umzusetzen.

Das Signal für die Zukunft wäre nun, dass Vereinbarungen der Selbstverwaltung keinen Sinn mehr machen, denn beide Seiten werden ab da versuchen, dem Gesetzgeber spätere „Nachjustierungen“ unter zu schieben.

Der Gesetzgeber hatte 2019 mit dem Pflegepersonalstärkungsgesetz die Ausgliederung der Pflegepersonalkosten aus den DRG-Fallpauschalen bestimmt, um Pflege zu stärken. Die Regelungen sollten Pflege als Ganzes tätigkeitsorientiert und jeden Mitarbeiter stärken. Die Personalkosten für jeden Mitarbeiter, der in die direkte Pflege von Patienten („Pflege am Bett“) eingebunden ist, soll über das Pflegebudget abgerechnet werden. Dies wurde mittlerweile von verschiedenen Schiedsstellenentscheidungen bestätigt.[1]

Die Höhe des Pflegebudgets wird individuell vor Ort auf Basis der tatsächlichen Tätigkeiten des Personals mit den Krankenkassen verhandelt. Dies müssen die Krankenhäuser in den Verhandlungen nachweisen. Die Krankenkassen sind bestrebt, dass das Pflegebudget möglichst niedrig vereinbart wird. Das gilt gerade im ersten Anwendungsjahr 2020. Hierdurch können die Krankenkassen die Krankenhauskosten senken. Die Strategie der Krankenkassen ist darauf ausgerichtet, möglichst spät überhaupt Vereinbarungen zu schließen. Deshalb haben bisher nur die wenigsten Krankenhäuser Pflegebudgets für das Jahr 2020 vereinbaren können. Fast alle Pflegebudgets wurden von den Schiedsstellen entschieden. Die Schiedsstellen haben meist im Sinne der Krankenhäuser entschieden, was zu großem Unmut bei den Krankenkassen führt.

Trotzdem verständigten sich DKG und GKV-SV im Dezember letzten Jahres auf einen Kompromiss, der Orientierung bei der Zuordnung der Kosten geben soll. Die Regelungen sollen nach dieser Vereinbarung ab 2021 gelten und bereits ab 2020 als Empfehlung angewendet werden.

Mit dem Änderungsantrag 38 soll dieser mühsam erzielte Konsens durch das GVWG einkassiert und die Regelung im Sinne der Krankenkassen nachträglich für 2020 verbindlich erklärt werden. Sollte der Änderungsantrag beschlossen werden, würde der Gesetzgeber das Handeln der Krankenkassen goutieren, dass darin besteht, Verhandlungen auf die lange Bank zu schieben, Verträge zu unterschreiben und dann auf den Gesetzgeber einzuwirken, um die Verträge mit für die Kassen besseren gesetzlichen Regelungen auszuhebeln. Jede Vertrauensbasis wäre dann zerstört.

Auch die von der AOK vorgetragene Behauptung der Doppelabrechnung oder Doppelfinanzierung durch die Krankenhäuser ist Teil dieser fragwürdigen Strategie, die offensichtlich dem Zweck dient, den Gesetzgeber zu diesem Änderungsantrag zu motivieren.

Auch inhaltlich ist nicht sachgerecht, dass Pflegehilfskräfte, die nach dem 31.12.2018 eingestellt wurden, definitiv nicht mehr finanziert werden. Die auf Bundesebene vorgetragene Argumentation der Krankenkassen, dass Pflegehilfskräfte in den 4 Prozent der pflegeentlastenden Maßnahmen berücksichtigungsfähig seien, wird in Verhandlungen vor Ort und in Schiedsstellenverfahren regelmäßig von den Kostenträgern abgelehnt.

Von uns wird die Rechtmäßigkeit der Fristsetzung und die damit verbundene Wirkung, rückwirkend aus einer Empfehlung eine Vereinbarung zu machen, bezweifelt. Der ohnehin schwierige Prozess der Budgetfindung würde um eine zusätzliche Unsicherheit erweitert. Unzählige Schiedsstellenverfahren und Klagen wären vorprogrammiert und es würde zu einer weiteren Verzögerung der Vereinbarungen 2020 kommen. Die Neuregelung würde auch einen Flickenteppich an Vereinbarungen für das Pflegebudget 2020 nach sich ziehen. Je nachdem, wann ein Krankenhaus sein Budget verhandelt, greifen unterschiedliche gesetzliche und vertragliche Grundlagen.

Die Folgen für die Pflege wären fatal. Seit Jahren gibt es einen massiven Fachkräftemangel und durch ihre tatkräftige Mitarbeit leisten Pflegehilfskräfte einen wichtigen Beitrag zur Entlastung der Pflege und zum Patientenwohl. Die Änderung würde dazu führen, dass Krankenhäuser Pflegehilfskräfte, die nach dem 31.12.2018 eingestellt wurden, nicht mehr finanziert werden, sie müssen dann entlassen werden. Etablierte Strukturen in Krankenhäusern würden zerstört. Der Arbeitsmarkt kann den Bedarf nach examinierter Pflege nicht erfüllen. Das belastet die Pflege noch stärker, wenn in dieser Situation auch wieder einfache pflegerische Tätigkeiten von examinierten Fachkräften übernommen werden müssten.

Die gesamte Stellungnahme lesen Sie hier.

[1] Weitere Details können einem Schreiben des BDPK an den Gesundheitsausschuss entnommen werden, das hier abrufbar ist.