Mit seinen Äußerungen wolle der AOK-Chef offensichtlich die gerade laufenden Verhandlungen zwischen den Verbänden der Krankenkassen und Krankenhäuser beeinflussen, in denen Fragen zur Abgrenzung des Pflegebudgets geklärt werden sollen. Streitfrage ist dabei, welche Berufsgruppen in den krankenhausindividuellen Pflegepersonalkosten Berücksichtigung finden. Die Kassen drängen auf eine enge Auslegung des Begriffs „Pflege am Bett des Patienten“ und wollen dazugehörige Tätigkeiten entgegen der gängigen Praxis auf qualifizierte Berufsabschlüsse in der Pflege reduzieren. Dadurch könnten wichtige pflegerische Tätigkeiten in den Krankenhäusern, wie das Bettenmachen, die Speisenversorgung der Patienten oder Hilfe bei Toilettengängen nicht mehr von Hilfskräften ausgeführt werden. Rund 10 Prozent aller jetzt in der Pflege tätigen Krankenhausmitarbeiter wären betroffen. Das würde die Belastung der qualifizierten Pflegekräfte deutlich erhöhen und den Pflegenotstand in den Krankenhäusern weiter verschärfen. Die Differenzen zwischen Krankenkassen und Krankenhäusern sind durch das Pflegepersonalstärkungsgesetz entstanden, nach dem die Pflegepersonalkosten der Krankenhäuser seit Januar 2020 aus den DRG-Fallpauschalen ausgegliedert und über ein krankenhausindividuelles Pflegebudget finanziert werden sollen.
BDPK-Hauptgeschäftsführer Thomas Bublitz vermutet, dass der AOK-Chef mit der jetzt verbreiteten Erklärung versuche, in der aktuellen Verhandlungsphase einen Keil zwischen die kommunalen, kirchlichen und privaten Klinikträger zu treiben. „Die privaten Träger haben sich in den laufenden Verhandlungen klar positioniert und neben der kleinlichen Sicht der Kassen insbesondere bemängelt, dass die von ihnen geforderte nachträgliche Anpassung des Pflegebegriffs ein rückwirkender Eingriff wäre, der mit den eindeutigen gesetzlichen Grundlagen und den sich abzeichnenden Entscheidungen der dazu angerufenen Schiedsstellen nicht im Einklang steht. Die unterschiedlichen Positionen dazu sollten jetzt aber nicht Gegenstand von öffentlich verbreiteten und unrichtigen Vorwürfen sein, sondern wie bisher in fachlicher und sachlicher Arbeitsatmosphäre erörtert werden. Zudem wären Herr Litsch und die AOK gut beraten, wenn sie sich angesichts Corona bedingter Millionenüberschüsse gestaltend statt spaltend in die Beseitigung des Pflegenotstands einbringen würden.“