Als Morgengabe der scheidenden Regierungsmannschaft brachte das Flexirentengesetz 2017 den lang vermissten Schwung in die Kinder- und Jugendreha. Dem eigenwilligen Gedanken, dass in einem Gesetz für Rentner die Zukunft der Bundesrepublik steckt, konnten sich selbst die Abgeordneten nicht entziehen. Reha wurde Pflichtleistung, jeder sollte Zugang haben. Ein Erfolg in jeder Hinsicht für die Einrichtungen, Rehabilitanden und deren Familien. Die Antragszahlen stiegen, ebenso die Bewilligungen und die Zahl der Maßnahmen. So entwickelte sich die medizinische Rehabilitation für chronisch kranke Kinder und Jugendliche in den vergangenen vier Jahren zu einem wichtigen Baustein in der Versorgungslandschaft. Die Weichen waren in die richtige Richtung gestellt.
2020 - Ein Jahr großer Herausforderungen
Doch dann kam das Jahr 2020 und mit ihm eine Welle an Herausforderungen für die Leistungserbringer einer Kinder- und Jugendrehabilitation. Die pandemischen Auswirkungen auf die gesamte Gesundheitswirtschaft sind immens. Besonders besorgniserregend: Coronabedingt erlebten wir erhebliche Rückgänge der Anträge in 2020 – um rund 20 Prozent. Der Rückgang der angetretenen Maßnahmen lag bei knapp 30 Prozent. Dieses Phänomen zeigt sich weiterhin in diesem Jahr. Die Ausgaben der DRV für die Kinder- und Jugendrehabilitation sind um rund 16 Prozent gesunken. Die GKV- Ausgaben um rund 13 Prozent. Jeder in unserer Branche weiß, wie viel Krankenkassen und Rentenversicherung coronabedingt zusätzlich ausgeben mussten. Fehlt dieses Geld künftig bei den Kindern und Jugendlichen? Denn es dauert noch ziemlich lange, bis sie als Wähler überhaupt in den Fokus der Politik geraten …
Stärkere psychische Belastungen bei Kindern und Jugendlichen
Dabei haben Kinder und Jugendliche während der vergangenen anderthalb Jahre ganz besonders gelitten. Aktuelle Untersuchungen wie die TUI-Studie belegen, dass sich 80 Prozent von ihnen gerade sehr belastet fühlen. Fast die Hälfte der Jugendlichen findet ihre gesundheitliche Lebensqualität beeinträchtigt; Angststörungen, Depressionen und andere psychische Auffälligkeiten haben deutlich zugenommen, fand eine Untersuchung des Universitätsklinikums Hamburg-Eppendorf (UKE) heraus. Selbst die letzte Bundesregierung hat vor ein paar Wochen festgestellt, dass Kinder und Jugendliche durch die Pandemie in einem hohen Maß psychisch belastet waren und sind.
Kinder dürfen nicht die Verlierer der Pandemie bleiben, zumal wir uns das mit Blick auf den Fachkräftemangel als Gesellschaft nicht ansatzweise leisten können. Unsere Solidargemeinschaft und nicht zuletzt unser Rentenmodell brauchen Erwerbstätige, die die Rentenkassen füllen, wenn die neue Bundesregierung längst in den Ruhestand gewechselt hat.
Der Reha-Antrag muss unkomplizierter werden!
Kinder- und Jugendreha kann da in vielerlei Hinsicht nachhaltig helfen – und benötigt doch selbst finanzielle Unterstützung: unter anderem durch höhere Vergütungssätze im Vergleich zu einer Erwachsenen-Reha, weil die Rehabilitation von Kindern und Jugendlichen eine höhere Personaldichte erforderlich macht. Die Vergütung für Begleitpersonen muss dem Aufwand entsprechen, der Reha-Antrag noch unkomplizierter werden. Die Lasten von Investition müssen anders verteilt und die breite Öffentlichkeit muss im Hinblick des Wunsch- und Wahlrechts über dieses hilfreiche Angebot noch besser informiert werden. Eine solide Reha-Qualität und verbindliche Standards sind dafür die Basis.
Gemeinsam mit Experten aus Reha, Politik und Kostenträgern wollen wir unsere Zukunft neu denken, damit wir für das neue und zentrale Aufgabenfeld von Kinder- und Jugendreha gerüstet sind, Familiensysteme zu unterstützen: #Kinder_Jugendreha_hilft_Familien