Dauerbaustelle Pflegebudget

Die Krankenkassen widersetzen sich beim Pflegebudget dem Willen des Gesetzgebers. Dadurch bleibt die gute Absicht der vorherigen Bundesregierung, die Pflege in den Krankenhäusern zu stärken, auf der Strecke.

Mit dem Pflegepersonalstärkungsgesetz wurden 2019 die Pflegepersonalkosten aus den DRG-Fallpauschalen ausgegliedert, um, wie es der Name des Gesetzes sagt, die Pflege zu stärken. Dazu sollen die Personalkosten für die Mitarbeiter:innen, die in die direkte Pflege von Patienten („Pflege am Bett“) eingebunden sind, außerhalb der DRG-Fallpauschalen über ein krankenhausindividuell zu verhandelndes Pflegebudget abgerechnet werden. Der Gesetzgeber erhoffte sich dadurch Verbesserungen für die Personalausstattung und die Arbeitsbedingungen und ganz konkret „mehr Hände“ für die Pflege am Bett.

Bisher nur wenige Budgetverhandlungen
Von der politischen Absicht ist bisher allerdings wenig in der Praxis angekommen. Denn aktuell – Stand Ende Februar 2022 – haben die Krankenkassen für das Abrechnungsjahr 2020 nur mit knapp einem Drittel der Krankenhäuser Pflegebudgets verhandelt. Für das Abrechnungsjahr 2021 sind es bislang sogar weniger als 50 von rund 1.900 Krankenhäusern. Wie der Verband der Krankenhausdirektoren Deutschlands (VKD) in einer hierzu kürzlich veröffentlichten Stellungnahme kritisiert, geht es den Krankenkassen offensichtlich nicht um den Aufbau und die Finanzierung einer verbesserten pflegerischen Personalausstattung in den Krankenhäusern. Sie versuchen vielmehr durch Verzögerungstaktik auf Ortsebene, die gesetzlichen Vorgaben aus rein finanziellen Erwägungen zu unterlaufen. Bei nahezu allen bisherigen Budgetverhandlungen war es wegen mangelnder Einigungsbereitschaft der Kassen notwendig, die Schiedsstellen anzurufen. Diese haben bisher fast immer die von den Krankenhäusern aufgestellten Pflegebudgets für rechtens erachtet. Im Kern geht es bei diesen Auseinandersetzungen um die gesetzliche Vorgabe, auch Pflegehilfskräfte über die Pflegebudgets zu finanzieren. Dem widersetzen sich die Krankenkassen, in dem sie die Qualifikation von Pflegehilfskräften in Frage stellen und vermeintliche Doppelbuchungen der Krankenhäuser monieren, was sich allerdings als taktisches Manöver entpuppt.

Befürchtungen haben sich bewahrheitet
Aus Sicht des BPDK sollte die neue Bundesregierung die Mängel untersuchen und das Pflegebudget auf seine Tauglichkeit prüfen. Für BDPK-Hauptgeschäftsführer Thomas Bublitz ist die Bilanz ernüchternd: „Das Pflegebudget war gut gemeint, erweist sich aber als ordnungspolitischer Fehler, denn es funktioniert nur in der Theorie. Wenn man Krankenkassen über ihre Ausgaben verhandeln lässt, steht deren Ziel von vornherein fest: Kosten sparen.“ Leider hätten sich die vom BDPK bei der Vorstellung des Gesetzes vorgetragenen Befürchtungen bewahrheitet, wonach das Aushandeln der Pflegebudgets einen unlösbaren Zielkonflikt zwischen Krankenhäusern und Krankenkassen darstellt. Echte Verbesserung der Pflege braucht aus Sicht des BDPK eine funktionierende Finanzierung ohne Interpretationsspielräume und ein neues Zielbild moderner Pflege. Damit ihnen mehr Zeit für die Patienten zur Verfügung steht, sollten examinierte und akademisch ausgebildete Pflegekräfte höherwertige Aufgaben in der Patientenversorgung übernehmen und durch Pflegehilfskräfte und Digitalisierung wirksam entlastet werden. Als Sofortmaßnahme müsse zudem der vorläufige Pflegeentgeltwert erhöht werden. Dies sei dringend erforderlich, weil wegen der nicht ausgehandelten Pflegebudgets bei einem Großteil der deutschen Krankenhäuser eine ernstzunehmende Liquiditätslücke entstanden sei.