Wunsch- und Wahlrecht

Patienten und Patientinnen, die aufgrund ihrer gesundheitlichen Situation einer medizinischen Rehabilitation bedürfen, haben grundsätzlich das Recht, eine geeignete Rehabilitationsklinik selbst auszusuchen. Dem Kostenträger verbleibt natürlich ein Beurteilungsspielraum, ob die geäußerten Wünsche berechtigt und angemessen sind. Bei dieser Prüfung ist die Kostenfrage allerdings außen vor zu lassen. Entscheidend ist die Frage, ob die gewählte Klinik entsprechend zertifiziert und geeignet ist.

Wie kann das Wunsch- und Wahlrecht ausgeübt werden?

Krankenkassen versuchen häufig, Patient:innen durch entsprechende Beschränkungen der Genehmigungen in eigene Vertragshäuser zu lenken. An diese Vorgabe sind die Patient:innen jedoch nicht immer gebunden. Denn hat die gewählte Klinik einen Versorgungsvertrag gem. §§ 111, 111a, 111c SGB V geschlossen, kann in der Regel jede vom Patienten gewünschte, geeignete und zertifizierte Rehabilitationsklinik ohne Mehrkosten aufgesucht werden.

Informieren Sie sich daher rechtzeitig über in Betracht kommende Rehabilitationskliniken, bevor Sie Ihr Wunsch- und Wahlrecht ausüben. Welche Erkrankungen werden behandelt? Werden meine Bedürfnisse nach Lage, Service und Ausstattung berücksichtigt? Ist die Klinik von unabhängiger Stelle zertifiziert? Diese Punkte gilt es, vorab zu klären. Weitere Informationen hierzu finden Sie beispielsweise im Rehaportal Qualitätskliniken.de und beim Arbeitskreis Gesundheit

Bei Ausübung des Wahlrechts sollten folgende Punkte beachtet werden:

  • Beantragung einer Reha in einer als Vorsorge- und Rehabilitationseinrichtung zugelassenen Klinik
  • Dem Antrag sollte eine Begründung zur Wahl der konkreten Rehabilitationseinrichtung beiliegen
  • Außerdem sollten Sie ein befürwortendes Gutachten Ihres behandelnden Arztes beilegen
  • Der Antrag kann auch direkt bei Ihrer Krankenkasse/Rentenversicherung gestellt werden
  • Im Falle der Ablehnung können Sie Widerspruch gegen den Ablehnungsbescheid einlegen und bei erneuter Ablehnung dagegen klagen

Weitere Informationen hierzu in unserer Argumentationshilfe

Wo ist das Wunsch- und Wahlrecht geregelt?

Das Wunsch- und Wahlrecht ist in den Sozialgesetzbüchern geregelt.

Für Leistungen zur Rehabilitation und Vorsorge von Eltern und Kindern (§§ 23, 24, 40, 41 SGB V, §§ 15, 15a 31 SGB VI) ist § 8 SGB IX anwendbar. Danach wird berechtigten Wünschen der Leistungsberechtigten bei der Entscheidung über die Leistungen und bei der Ausführung der Leistungen zur Teilhabe entsprochen.  Solche Wünsche können zum Beispiel das medizinische Konzept der Einrichtung, bereits begonnene ambulante Behandlung mit besonderen Therapierichtungen (anthroposophische Medizin, Homöopathie, Phytotherapie) betreffen, die im jeweiligen Einzelfall relevant sind. Sofern medizinische Gründe für die Wahl einer Rehabilitations-/Vorsorgeeinrichtung mit Versorgungsvertrag ausschlaggebend und hinreichend belegt sind, hat die Krankenkasse bzw. die Rentenversicherung in ihrer Auswahlentscheidung diesen Wünschen zu folgen.

Spezialgesetzlich wird für Rehabilitationsleistungen der Rentenversicherung in § 15 Abs. 6a SGB VI geregelt:

„Der Versicherte kann dem zuständigen Träger der Rentenversicherung Rehabilitationseinrichtungen vorschlagen. Der zuständige Träger der Rentenversicherung prüft, ob die von dem Versicherten vorgeschlagenen Rehabilitationseinrichtungen die Leistung in der nachweislich besten Qualität erbringen. Erfüllen die vom Versicherten vorgeschlagenen Rehabilitationseinrichtungen die objektiven sozialmedizinischen Kriterien für die Bestimmung einer Rehabilitationseinrichtung, weist der zuständige Träger der Rentenversicherung dem Versicherten eine Rehabilitationseinrichtung zu.“

Spezialgesetzlich wird für Rehabilitationsleistungen der Krankenversicherung in § 40 Abs. 2 SGB V geregelt:

„Wählt der Versicherte eine andere zertifizierte Einrichtung, so hat er die dadurch entstehenden Mehrkosten zur Hälfte zu tragen; dies gilt nicht für solche Mehrkosten, die im Hinblick auf die Beachtung des Wunsch- und Wahlrechts nach § 8 des Neunten Buches von der Krankenkasse zu übernehmen sind.“

Weitere Informationen hierzu in unserer Argumentationshilfe

Was mache ich, wenn meine gewählte Einrichtung abgelehnt wird?

Die Rehabilitationsträger bestimmen die Rehabilitations- oder Vorsorgeeinrichtung nach pflichtgemäßem Ermessen unter Berücksichtigung des Wunsch- und Wahlrechts. Ergibt die Ermessensprüfung, dass die gewünschte Einrichtung nicht geeignet ist oder der Wunsch nicht den Kriterien der berechtigten Wünsche nach § 8 SGB IX entspricht, muss der Rehabilitationsträger im Bescheid die Gesichtspunkte, die maßgeblich für die getroffene Entscheidung im Ermessenswege waren, darlegen. Fehlt eine solche Darlegung im Bescheid oder ist die Ermessensentscheidung fehlerhaft, sollte gegen den Bescheid Widerspruch eingelegt werden. Ablehnungsbegründungen allein nach dem Wirtschaftlichkeitsgebot stellt dabei keine ausreichende Ablehnungsbegründung dar.

Wann muss ich sog. Mehrkosten zahlen?

Es kann sein, dass die Wunschklinik des Patienten teurer ist als die von der Krankenkasse zugewiesene Reha- oder Vorsorgeklinik. Mehrkosten müssen Patient:innen aber nur selbst tragen, wenn

  • der Kostenträger eine gesetzliche Krankenkasse ist und
  • Sie eine Rehaklinik ohne Versorgungsvertrag auswählen oder 
  • Sie die Klinik ohne medizinische Notwendigkeit und nur aus persönlichen Gründen bevorzugen. Auch in diesem Fall besteht für den Kostenträger zwar eine Leistungspflicht, Patient:innen sind aber verpflichtet, etwaige Mehrkosten zur Hälfte zu tragen. Die hälftigen Mehrkosten müssen in diesem Fall an die Krankenkasse geleistet werden und nicht an die Reha-Einrichtung.

Eine unterzeichnete Mehrkostenübernahmeerklärung hat keine rechtliche Bindung und führt nicht unmittelbar zu einer Zahlungsverpflichtung. Hierzu muss, wenn ein unberechtigtes Mehrkostenverlangen vorliegt, fristwahrend widersprochen werden.

Kann ich eine andere Klinik wählen als die, die mir die Krankenkasse bzw. der Sozialdienst im Krankhaus vorschlägt?

Haben Sie einen Reha-Antrag ohne Nennung einer Wunschklinik gestellt und die Krankenkasse hat Ihnen die Reha in einer bestimmten Klinik bewilligt, können Sie auch zu diesem Zeitpunkt noch ihr Wunsch- und Wahlrecht ausüben, indem Sie Widerspruch gegen die bewilligte Klinik einlegen.  

Oftmals erhalten die Sozialdienste im Krankenhaus von den Krankenkassen sog. Kliniklisten mit ausgewählten Rehabilitationseinrichtungen, die einen besonderen Vertrag mit Ihrer Krankenkasse abgeschlossen haben. Die Krankenkassen möchten, dass Sie sich in einer dieser Reha-Einrichtungen im Anschluss an den Krankenhausaufenthalt behandeln lassen. Daran sind Sie aber nicht gebunden. Solche Kliniklisten sind rechtswidrig, da die Krankenkasse auch mit weiteren Reha-Einrichtungen Verträge geschlossen hat, über die sie genauso informieren müssen. Die Versicherten haben das Recht, jede geeignete und zertifizierte Reha-Einrichtung mit Versorgungsvertrag auszuwählen.